Da wo der Pfeffer wächst...

Nach einer rund 4-stündigen Busfahrt aus der Hauptstadt hinaus, über mal bessere mal schlechtere Strassen erreichen wir die schöne Gegend um Kampot, an der Südküste Kambodschas. Kampot ist bekannt für seine lässig-ruhige Stimmung, ein noch immer kleines Kolonialstädtchen mit einigen charmanten Häusern im Zentrum. Der Zahn der Zeit hat an der kolonialen Architektur genagt, aber einige Jungunternehmer, vornehmlich mit französischen Wurzeln, haben das Örtchen wieder entdeckt und den vielen zweistöckigen Gebäuden rund um den alten Markt neues Leben eingehaucht. So gibt es hier eine Ecke mit leckeren Smoothies, gute Bäckereien, kleine Bistros, Handwerksläden sowie jede Menge Öko-/ Alternativ-/ und Fairtrade Lädeli. Man gibt sich lässig-alternativ und ist bemüht einen Teil des verblassten Charmes in die Neuzeit zu retten. Was uns aber auffällt ist, dass das Zentrum und die Gegend verhältnismässig aufgeräumt und sauber wirkt. Ausserdem finde ich es toll, dass man hier wo immer möglich auf Plastikbeutel verzichtet, den Plastik/Styropor Müll einzudämmen versucht sogar wieder verwendbare oder ökologisch abbaubare Trinkhalme anbietet (entweder aus Stahl oder Bambus/Papier).

 

Unsere Unterkunft (Gecko Village) liegt etwas ausserhalb des Städtchens. So erreichen wir es auch nur per TukTuk, und wundern uns erneut über die Zugkraft des Mopeds, welches den schönen Holzwagen mit Fracht (das sind wir vier, unsere grossen Trekkingrucksäck, wovon zwei wie üblich auf uns drauf liegen, da der Platz in einem TukTuk eher begrenzt ist, und die Tagesrucksäcke zwischen unseren Beinen) über die Erdstrasse ziehen vermag. Das Gecko Village liegt in einer Flussbiegung und die herrlich friedliche Stimmung der schönen, ruhigen Anlage am Tek-Chhou Fluss verleitet uns kurzentschlossen dazu, unseren Aufenthalt um eine Nacht zu verlängern. Der etwas träge wirkende Franzose hat Schalk in den Augen, und beantwortet jede unserer Fragen zu erst einmal mit einem trockenen, ironischen Witz. Na wenigstens hat er auch weniger trockenen Wein auf seiner Karte und diesen geniessen wir auf einem Holzsteg mit Rattan Möbel und Blick auf die schöne Abendstimmung über dem erstaunlich sauberen Fluss. Am Abend sehen wir dann auch wieder viele der süssen kleinen Geckos, welche auf Mückenjagt vor unserem Bungalow unterwegs sind und dem Gecko Village seinen Namen geben.

 

Am Morgen begrüsst uns herrlicher Sonnenschein durchs Fenster und eine noch angenehm kühle Briese weht über dem Fluss und der grünen, zwischen dem Meer mit Salzsümpfen (Anbau von feinstem Fleur de Sel) und einigen bewaldeten Bergzügen eingebetteten Landschaft. Die Gegend ist bekannt nicht nur für gute Gastronomie, das Ferienörtchen Kep und die Hafentstadt Sihanoukville, sondern vor allem für seinen weltbekannten, qualitativ hochwertigen Pfeffer, der hier angebaut wird. Das wollen wir uns genauer ansehen und mieten uns daher zwei Mopeds. Die Helme sind eher dekorativ und passen überhaupt nicht auf unsere Köpfe, wir sehen irgendwie ulkig aus und müssen diese während der Fahrt mehrfach wieder an den richtigen Platz rücken, da sie weder dem Rütteln noch dem Fahrtwind etwas entgegen setzen können. Die Mopeds selbst sind ganz gut in Schuss, wir tanken sie auf und sie schnurren während zwei aufeinanderfolgenden Tagen ohne weitere Probleme durch die Gegend, wenngleich Adi auch immer mal wieder nachfragt, wie schnell wir eigentlich so unterwegs sind, denn sein Tacho ist kaputt. Die Strasse führt uns durchs Dorf Kampot und zweigt dann bald von der Hauptstrasse nach Kep ab, um über eine sehr staubige und holprige Erdstrasse bis zur Pfefferfarm La Plantation zu führen. Dabei kommen wir noch an einem schönen See vorbei, in welchem wir Wasserbüffel sehen und auch einen Abzweiger zu einem Camping, ideal für Overlander.

 

Wie wir später herausfinden, ist dieser Camping tatsächlich auf I-Overlander verzeichnet und Markus und ich denken etwas wehmütig an unser Bobilchen, dass zuhause Winterschlaf macht. Zwar wären die Städte in Südostasien wirklich nichts fürs Bobilchen, doch hier zeigt sich mal wieder eine Gegend, die dafür geeignet wäre mit dem eigenen Auto erkundet zu werden. Wir müssen zugeben, so interessant diese Südostasien Reise mit dem Rucksack auch sein mag, wir haben gelernt, dass wir lieber mit Bobilchen oder alternativ auch mit einem kleinen Campervan unterwegs sind, dann aber auch in einem dafür geeigneten Land, bzw. Landschaft. Städtereisen sind sicher interessant, aber wir lieben es unsere Zeit in Gegenden zu verbringen, in denen es viel naturbelassene Freiräume, möglichst saubere Landschaften und interessante Landschaftsformen mit nur wenig Menschen gibt. Zudem haben wir in den vergangenen 1.5 Jahren auch gelernt, dass wir mit sehr kalten oder sehr heissen Klimazonen keine Probleme haben, solange sie trocken sind. Feucht-heiss und feucht-kalt empfinden wir beide aber als sehr unangenehm und teilweise auch körperlich belastend. Das werden wir wohl berücksichtigen, wenn wir die nächste Reise mit Bobilchen planen.

 

Gegen 80 Tonnen Pfeffer werden jährlich auf über 100 grösseren und kleineren Farmen in der Umgebung von Kampot erzeugt. Wir haben uns für den Besuch der Pfefferfarm La Plantation entschieden und es war eine prima Entscheidung. Kaum geparkt, wurden wir freundlichst begrüsst und auf eine gedeckte, offene Holzveranda geführt. In 15 Minuten würde eine Führung (kostenlos) und Verkostung in englischer Sprache beginnen, wir sollen uns doch derweil einfach etwas in den bequemen Stühlen auf der Veranda ausruhen. Die Gegend ist bekannt für ihre landschaftliche Schönheit und der Blick über die Plantage, welche sich auch für faire Löhne und Arbeitsbedingungen ihrer Arbeiter und deren Familien einsetzt, ist wunderschön. Palmbäume reflektieren sich in den Reisfeldern, Fruchtbäume tragen grosse, sonnengereifte Früchte und grosse Pfefferstauden wachsen der Sonne entgegen. Seit dem 13. Jahrhundert haben Chinesen hier Pfeffer angebaut, die Anbaumethoden wurden dann von den französischen Kolonialisten verfeinert und der Pfeffer bekam weltweit, aber vorallem in der französischen Gourmet Küche einen hohen Stellenwert. Dann kamen die politischen Unruhen und erst im Jahr 2000 wurde der Pfefferanbau in dieser Region quasi wieder neu entdeckt. Seit einigen Jahren ist der Name Kampot Pfeffer ein geschützter Begriff, bei PGI und KPPA registriert und nur wer den strengen Richtlinien Rechnung trägt, darf seinen Pfeffer Kampot Pfeffer nennen, ein geschützter Begriff wie der Champagner. Ausserdem werden hier nur natürliche, aus Pflanzen gewonnene Pestizide und Düngemittel verwendet, damit nichts den unvergleichlichen Geschmack des Pfeffers verfälschen kann.

 

Der Pfeffer ist eine blühende Liane, welche wild wächst und sich im Urwald entlang von Baumstängen rankt. Ursprünglich kam diese Pflanze aus Indien, doch über die Jahre wurde sie in allen tropischen Regionen der Welt angepflanzt und verbreitete sich von Brasilien über Madagaskar bis nach Süd Ost Asien. Hier in Kampot gedeiht sie dank einem ausgesprochen guten Boden besonders gut und kann so das spezielle Aroma entwickeln, welches durch einen eher süsslichen, stechenden Geruch und fruchtige Aromen im Mund charakterisiert wird. Was das genau bedeutet, dürfen wir später selber verkosten, wer hätte gedacht dass ich mal eine Pfeffer Verkostung mitmache und mehr schmecke als nur scharf. Aber gesund sei der Pfeffer ja auch. Pfeffer wurde früher als Medizinal Pflanze eingesetzt und soll angeblich nicht nur eine gesunde Verdauung fördern, sondern auch Krebs vorbeugen.

 

Pfeffer Körner (oder Beeren, wie sie korrekt genannt werden) wachsen, egal ob es ich um grünen, schwarzen, weissen oder roten Pfeffer handelt) am gleichen Strauch. Die Beeren werden einfach zu unterschiedlicher Zeit geerntet und verschieden verarbeitet. Im Juni und Juli blüht die Pflanze (kleine gelbe Blümchen) und ab September wachsen an den Sträuchern, welche an Stangen (exakt 2 Meter Abstand voneinander und 4 Meter hoch) hochklettern und vor direkter Sonneneinstrahlung ähnlich wie Weinreben geschützt werden, Früchte heran. Ähnlich wie Weinreben müssen die Pflanzen auch gepflegt und zu bestimmten Zeiten gewässert werden. Diese Beeren werden dann zu unterschiedlichen Zeitpunkten geerntet.

  • Gesalzener (grüner) Kampot Pfeffer: dieser wird noch im Herbst grün geerntet, bevor er eigentlich reif ist und anschliessend fermentiert. So behält er seinen explosiven, frischen Geschmack und wird zusammen mit Fleur de Sel gemischt und bleibt leicht feucht. Nach der Verarbeitung sieht er aber auch aus wie schwarzer Pfeffer, erinnert geschmacklich aber irgendwie an ganz kleine Oliven. Er wird gerne für Wok Gerichte und Meeresfrüchte genutzt, schmeckt aber auch hervorragend zu Schoko Mousse oder Käse und wird nicht gemalen.
  • Schwarzer Pfeffer: Ab Januar beginnt die eigentliche Ernte. Die reifen grünen Beeren werden von Hand gepflückt und danach verlesen (wie auf dem eingehenden Bild erkennbar). Diese Beeren werden dann entsamt, gewaschen und für 2-3 Tage sonnen getrocknet. Während dem Trocknungsprozess wird der Pfeffer schwarz und erhält seinen intensiven und dennoch milden Geschmack mit Noten von Eucalyptus und frischer Minze. Er passt perfekt zu gegrilltem Fleisch oder Fisch, sollte aber nicht gekocht werden sondern frisch gemahlen über das fertige Gericht gegeben werden. Besser als ihn zu malen ist es angeblich, ihn im Mörser zu zerdrücken.
  • Roter Pfeffer: Zum Höhepunkt der Trockenzeit, gegen März, reifen die Pfefferkörner aus und wechseln von grün über gelb nach rot. Auch diese roten Beeren werden von Hand geerntet und verlesen, dann gewaschen und sonnengetrocknet. Der rote Pfeffer gilt als Top Produkt der Region, denn es entwickelt die unvergleichlich starken, fruchtigen Aromen. Dieser Pfeffer ist weniger scharf als der schwarze Pfeffer, hat aber eine süsse Note von roten Früchten und Honig und erinnert eher an sonnengetrocknete, süsse Cherry Tomaten. Somit passt dieser Pfeffer hervorragend zu Dessertspeisen wie Erdbeeren und Glacé, aber auch in ein Glas mit Gin. 
  • Weisser Pfeffer ist eigentlich nichts weiteres als eine Weiterverarbeitung des roten Pfeffers. Der rote Pfeffer wird geschält und bekommt dadurch ein noch intensiveres Bouquet aus delikaten Aromen, Noten von frischen Kräutern und Zitrone. Somit passt er hervorragend zu Fisch und Hühnchen.

Roter und Weisser Pfeffer ist sehr selten, da es nicht einfach ist, den richtigen Reifepunkt zu erkennen (wie bei der Weintraube) und es dann viele Erntehelfer braucht, um die einzelnen Beeren von Hand zu ernten. Kampot gehört zu den wenigen Gegenden, wo man den weissen Pfeffer vom roten Pfeffer gewinnt. Speziell ist auch, dass hier nebst dem klassischen Pfeffer auch der lange Pfeffer, sowie Curcuma (aus der Wurzel wird das orangfarbene Pulver gewonnen, welches auch zum Färben der Mönchsroben genutzt wird) und Fleur de Sel (das ist die oberste Schicht eines Salzfeldes, also quasi die Blüten des Salzes) angebaut bzw. gewonnen wird. Der lange Pfeffer ist kein Gewürz, sondern eine Frucht. Zudem ist er schärfer, schmeckt nach Holznoten und sollte nicht gemahlen, sondern geschnitten werden. Der lange rote Pfeffer passt zum Beispiel hervorragend zu Teigwaren Gerichten und Saucen sowie auf eine Pizza. Nebst dieser Pfeffer Frucht wurde uns auch noch sogenannter Kaviar Pfeffer vorgestellt. Das sind die Samen (Grösse eines Senfkorns), welche aus den langen Pfefferschoten gedrückt werden und danach aussehen wie Kaviar. Eine andere Spezialität ist der Bird Pepper, wer den kauft, muss wissen, dass er wie Wiesel Kaffee fermentiert wird, nämlich einmal durch den Vogel durch und hinten wieder raus. Natürlich wird dieser gewaschen und verarbeitet und wer sich von der Entstehungsgeschichte der Körnchen nicht abschrecken lässt, wird mit sehr gutem Pfeffer belohnt.

 

Nebst dem Pfeffer werden im angrenzenden Laden auch leckere Gewürzemischungen angeboten und unser Führer kommt ins Schwärmen, wenn er uns erklärt, welche Gewürze man für welche Gerichte verwenden kann und welcher Pfeffer die jeweiligen Geschmacksnoten der verschiedenen Gerichte noch besser zum Tragen bringen. Als Souvenir kaufen wir uns ein kleines Tütchen Pfeffer und eine grosse Tüte Bananenchips, gewürzt mit Pfeffer und Kaffir Lime Leves. Natürlich hält Zweitere nicht lange vor und wird bereits tags drauf von Jeannine, Adi, Markus und mir verzehrt. Überhaupt bin ich derweil ein absoluter Fan von gerösteten, gesalzenen Erdnüsschen mit gerösteten Kaffir Lime Blättchen, ob man die in der Schweiz auch kaufen kann?

 

Nach der Führung und Verkostung des Pfeffers, genehmigen wir uns im angegliederten Khmer Restaurant ein äusserst leckeres frühes Abendessen. Allgemein ist die Küche in Kambodscha zurückhaltender gewürzt, als man das aus anderen südostasiatischen Ländern kennen mag und die Gerichte sind vergleichsweise einfach zubereitet, dennoch aber lecker und in diesem Restaurant ausgewählt gut gewürzt. So gelten hier Amok und Lok Lak als Nationalgerichte und sind auf fast jeder Speisekarte zu finden. Amok wird aus Fisch oder Hühnerfleisch zubereitet und ist ein leckeres, mit Kokosmilch zubereitetes Currygericht. Lok Lak ist ein Gericht mit in deftiger Sauce angebratenem Rindfleisch, dazu gibt es Reis oder Kartoffelstock und eine Pfeffersauce. Interessanterweise sind hier aber Gabel und Löffel weiter verbreitet als Stäbchen. Zum Trinken wird Tee gereicht oder man trinkt auf Sojamilch basierende Getränke, Bier oder Smoothies.

 

Am zweiten Tag erkunden wir die Westseite von Kampot und fahren mit den Mopeds die kurvenreiche, aber exzellent ausgebaute Strasse hinauf auf den Bokor Hill. Die Fahrt auf das 1079 Meter hohe Gipfelplateau führt durch eines der grössten Schutzgebiete des Landes, den Bokor Nationalpark. Eintritt ist frei, aber natürlich sieht man von der Strasse aus auch keines der Tiere, welche in diesem Gebiet eine Zuflucht gefunden haben. Einzig ein Makaken Männchen zeigt sich uns als wir um eine Kurve biegen. Es sass auf einem Strassenpfosten und schaute uns an, nur um kurz darauf recht unbekümmert und gemächlich die Strasse zu queren und dann im dichten Grün zu verschwinden. Wir geniessen die angenehme Kühle auf dem Berg, welche schon von den französischen Kolonialherren geschätzt wurde, welche der drückenden Schwüle an der Küste entflohen. Wir geniessen unseren Ausflug mit den Mopeds und haben zu viert viel Spass, selbst als wir am 10 Meter hohen Popokvil Wasserfall feststellen müssen, dass dieser zu einem Rinnsal zusammen geschrumpft ist. Am späteren Nachmittag kaufen wir in Kampot ein und genehmigen uns sogar eine Flasche Wein und, dem französischen Einfluss sei Dank, Käse, Baguette und Oliven. Diese verspeisen wir dann genüsslich mit Blick auf die untergehende Sonne am Flussufer, auf der Terrasse unseres Bungalows, während die kleinen, lokalen Fischerboote den Flusslauf hinunter und aufs Meer hinausfuhren. Was für ein schöner Abend.

 

Den dritten Tag geniessen wir einfach beim Nichtstun und Abkühlen im Pool. Am Nachmittag überrascht uns ein tropischer Regen, den wir von unserer gedeckten Terrasse aus auch wirklich geniessen können. Die Temperaturen sind nur unmerklich gefallen und wirklich angenehm, man kann auch bei Regen herrlich im Pool schwimmen oder man geniesst einfach den Blick auf die Obstbäume (Mango, Papaya, Banane etc.) und wie der Regen auf die Blätter prasselt. Einzig auf fallende Kokosnüsse sollte man aufpassen, also besser einen Umweg um die Palmen machen. Am Abend geniessen wir zu viert im Resortrestaurant gut zubereitetes Fischfilet mit obligater Pfeffer/Limettensauce und planen die Weiterreise, die uns am folgenden Tag via Hauptstadt nach Siem Reap führen wird, wo wir die berühmten Tempel, welche sogar in der Staatsflagge abgebildet werden, besuchen werden. Definitiv ein Höhepunkt in Kambodscha und wohl auch in ganz Südostasien, obwohl, die Tage in der Gegend wo der Pfeffer wächst, haben uns ebenfalls ausgesprochen gut gefallen.