Mekong Flussfahrt

Nachdem wir den Mekong über die Fourth Thai-Lao Friendship Bridge bei Chiang Khong gequert hatten und problemlos aus Thailand aus und nach Laos eingereist waren, wurden wir zum Bootsanleger auf der laotischen Seite gebracht. Das Schiff, welches für bedeutend mehr Leute ausgelegt gewesen wäre, war kaum zur Hälfte gefüllt und so hatten wir nicht nur viel Platz, sondern auch eine absolut angenehme Fahrt. Leider wollte das Wetter nicht so ganz und so waren die dicht bewaldeten Berghänge oft in Wolken gehüllt. Die thailändische Seite des Flussufers wird auf der gesamten Länge befestigt (schafft Arbeitsplätze) und muss wohl in ein paar Jahrzehnten wieder renaturalisiert werden. Die laotische Seite ist weiterhin Schwemmgebiet. Bald aber wird der Mekong zum rein laotischen Fluss und die Landschaft idyllischer. Wir geniessen die entspannte und entspannende Fahrt sehr. Ein erster Stopp wurde in Pak Tha eingelegt, damit sich die Bootsleute (der Kapitän und seine Frau) in der neuen Provinz einklarieren konnten. Insgesamt durchquerten wir 3 Provinzen Laos und jedes mal mussten die Einheimischen ihre Pässe stempeln lassen. Pak bedeutet Mündung und so ist Pak Tha, die Mündung des Flusses Tha, Pak Beng (wo wir Übernachten) die Mündung des Beng und am zweiten Tag besuchen wir die Höhlen bei Pak Ou, der Mündung des Ou Flusses.

 

Mae Nam Khong (so heisst der Mekong in Laos) bedeutet Mutter der Wasser. Der Mekong entspringt auf 5000 Meter Höhe im Tibet und fliesst über 4800km bis zu seiner Mündung. Somit ist er der 3. längste Fluss in Asien (und 10. längste Fluss der Welt) und durchquert China, Myanmar, Thailand, Laos und Kambodscha, bevor er in Vietnam ins Meer fliesst. Der Mekong ist Lebensader für viele Menschen, aber auch Transportweg und Quelle vieler Legenden. In Laos fliesst der Mekong über 1800km von Nord nach Süd. Im hohen Norden, wo wir den Fluss befahren durften, sind die Flussufer von dichter Vegetation und Hügeln begrenzt, weiter südlich werden die Ufer flacher. Unzählige Stromschnellen und steinige Engpässe formen den Fluss und machen ihn nicht durchgängig schiffbar. Wie wichtig der Fluss für Landwirtschaft und Nutztiere ist, kann man beim Vorbeifahren erkennen, wir sehen Erdnuss- und Reisfelder, kleine Bananenplantagen und viele Rinder- und Wasserbüffel Herden, Ziegen und Schweine, welche sich am und im kühlen Nass laben. Der Fluss ist auf diesem Streckenabschnitt etwa so breit wie der Rhein als Grenzfluss zwischen der Schweiz und Deutschland. Das Flusswasser selbst ist aber eher grün braun als klar, was wohl den Sedimenten geschuldet ist, welche der Fluss von den roten Ufern und weissen Sandbänken abträgt. Interessanterweise sehen wir auch immer wieder Einheimische beim Goldwaschen am Ufer.

 

Der Fluss ist Heimat des recht grossen nordlaotischen Wels, durchfliesst aber auch die Heimat vieler ethnischen Minderheiten. 130 Ethnien, Clans und Sub-Clans leben hier, Hmong, Yao, Khmu und Tai Lu, um nur einige zu nennen. In ganz Laos sind es über 50 Ethnien, gemeinsam lernen sie eine Sprache, Laotisch. Laos ist der Begriff für das Land, Lao für die Menschen. Die Dörfer sieht man selten vom Fluss her, da sie in sicherem Abstand zum stetig steigenden und fallenden Gewässer gebaut sind. Leider machen die globalen Probleme der Ausbeutung und des Raubbaus an natürlichen Ressourcen auch vor diesen Randregionen nicht halt. Die unkontrollierte Rodung weiter Gebiete führt auch hier zum Verlust natürlichen Baumbestandes und konsequenterweise zu einer massiven Verringerung der Biodiversität. Brandrodung und übermässige Nutzung für eine stetig wachsende Bevölkerung führen zu weiteren Umweltproblemen, ganz zu schweigen von Gewässerverschmutzung durch Insektizide, Chemikalien und Düngemittel. Ein Umweltbewusstsein konnte sich angesichts der elementaren Probleme im Altag bisher nicht etablieren, was wiederum zu den bekannten Umweltproblemen führt, die man auch von Entwicklungsländern auf anderen Kontinenten kennt.

 

7 Millionen Einwohner leben in Laos, welches rund 6x grösser ist als die Schweiz. Der Mekong durchquert das ganze Land und dieser Fluss wird vielseitig genutzt, Transportweg, Fischerei, Bewässerung der Landwirtschaft und Elektrizitätsgewinnung. Letztere führt zu massiven Problem. Da für die Elektrizitätsgewinnung in China, im Oberlauf des Mekong, grosse Staudämme gebaut werden, kommt es im Unterlauf, zum Beispiel in Kambodscha, regelmässig zu Dürreperioden. Der Einfluss und die Präsenz Chinas ist in Laos ohnehin gut spürbar, China baut unter anderem massive Brücken und eine Zugslinie von Südchina bis nach Singapur, quer durch Laos. Laos wiederum profitiert von modernen Verkehrsverbindungen (Eröffnung der Laotischen Strecke ist für 2021 geplant), verkauft sich aber auch an China, denn 70% des Projekts liegt in Chinesischer Hand.

 

Wir können die Fahrt auf unserem traditionellen Schiff aber losgelöst von all diesen Problemen geniessen, nur der Besuch am Nachmittag des ersten Tages in einem Dorf am Flussufer bringt uns zurück in die nicht ganz so perfekte Realität. Die Menschen wirken zufrieden, aber dennoch sind die Probleme nicht übersehbar. Die meisten leben noch in traditionellen Stelzenhäusern, die Wände oft nicht mehr als Bambusmatten. Andere haben festere Häuser und auf einigen Terrassen erblicken wir Jugendliche mit Smartphones. Handy und Motorrad sind inzwischen auch in den Bergdörfern wichtige Statussymbole geworden. Wir können uns kaum vorstellen, wie krass der Unterschied für diese Menschen wirken muss, zwischen der Scheinwelt der globalisierten Virtual Reality und der harten Realität im Dorf. Zwei Realitäten die erbarmungslos aufeinander prallen. Hier im Dorf gibt es keine Anschlüsse ans Trinkwasser, nur Brauchwasser aus verschiedenen Dorfbrunnen zum Waschen und Kochen. Das Wasser der Brunnen muss auch von den Dorfbewohnern aufbereitet bzw. abgekocht werden, bevor sie es trinken können. Viele dieser Bewohner leben vom Ertrag ihrer kleinen Gärten und den Hühnern und Enten unter ihrem Haus oder anderen Nutztieren. Ein eigentliches Einkommen fehlt in der Regel und das minimale Schulgeld für die Kinder aufzuwenden übersteigt oft die Möglichkeiten der Familie. Manchmal bringt ein Verwandter etwas mit aus der Grossstadt, Luxusgüter und moderne Errungenschaften gelangen so ins Dorf.  Zahlreiche soziale Indikatoren spiegeln wieder, dass Laos eines der ärmsten Länder der Welt ist. So sterben 50 von 1000 Kinder unter 5 Jahren infolge von Unterernährung und schlechten hygienischen Bedingungen, in ländlichen Regionen sind nur gut die Hälfte der Bevölkerung an die Trinkwasserversorgung angeschlossen. Viele Laoten können weder lesen noch schreiben und die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei rund 66 Jahren.

 

Die Nacht verbringen wir in einer Unterkunft in Pak Beng. Der Ort selbst lebt einzig vom Bootsverkehr, den Touristen und einheimischen Reisenden, welche hier die Nacht auf halber Strecke zwischen thailändischer Grenze und Luang Prabang verbringen. Die Übernachtungspreise in den Unterkünften in Laos sind allgemein höher als in Thailand, die Qualität jedoch nicht in gleichem Masse gesteigert. Nach einem Frühstück mit Blick auf den Mekong und das gegenüberliegende Ufer, an welchem ein paar gerettete Elefanten (diese werden oft in Arbeitslagern misshandelt und finden dann in karitativen Camps eine neue Heimat) ihr Morgenbad nahmen, ging es zurück aufs Schiff. Wir können die Fahrt mit Shompoo Cruise nur empfehlen, online easy zu buchen, sehr gut organisiert (begleiten einem beim Grenzübertritt von Thailand nach Laos), gekonnt um Untiefen herum manövriert, komfortables Schiff, netter Guide und eine ausgezeichnete Küche. In der Tat waren wir von den Kochkünsten der Ehefrau des Kapitäns angetan, sie hat laotische Speisen auf höchstem Niveau zelebriert und diese auch fürs Auge wunderschön angerichtet. Die beiden Mittagessen, die sie uns gekocht hat bleiben noch lange in guter Erinnerung: Fleischbällchen an Zitronengras Stängel, mit Honigmarinade verfeinerte, kross gebratene Pouletflügeli, die bisher besten Frühlingsrollen, Laap (laotisches Nationalgericht, ein Salat aus mariniertem Fisch sowie Gemüse, Kräutern und Gewürzen) der typische Klebereis und in Bananenblätter gedämpfte Fischpäcklein, um nur einige zu nennen. Zum Dessert gab es frische Früchte, die Mango schmeckt hervorragend, aber auch die Drachenfrucht hat grad Saison, genauso wie Ananas, Wassermelone, Papaya und Banane.

 

Am Morgen lag noch Nebel über dem Fluss, doch gegen Mittag zeigte sich sogar die Sonne. Viele Boote kreuzten und manövrierten gekonnt um Untiefen und Steine, welche aus dem Wasser ragten. Die Schnellboote donnerten mit beträchtlichem Lärm an uns vorbei, wobei sich die Passagiere so gut es ging mit Tücher gegen den Fahrtwind schützten und der Bootsführer in der Regel einen Motorradhelm trug. Unsere Fahrt, wie die aller Slow Boats, ging viel bedächtiger von statten, und so winkten uns die Kinder vom Flussufer zu und die Wasserbüffel liessen sich nicht stören. Wir geniessen, wie die grüne Landschaft mit vom Urwald bedeckten Hängen bedächtig an uns vorbeiziehen. Am führen Nachmittag erreichten wir die Pak Ou Höhlen. Diese Höhlen sind heute eine der bedeutendsten buddhistischen Kulturstätten Nordlaos und liegen rund 25km von Luang Prabang entfernt. Nach einer Legende wurde die Tempelanlage, welche in einer Höhle gelegen und nur auf dem Wasserweg erreichbar ist, 1547 von König Setthathirat gegründet. König Setthathirat war es auch, welcher 1560 den Regierungssitz von Luang Prabang nach Vientiane verlegte. Die untere Höhle überblickt die Mündung (Pak) des Nam Ou (Fluss Ou) in den Mekong. Hier stehen Hunderte von kleinen Buddhafiguren in allen nur erdenklichen Grössen und Formen, gefertigt aus Holz, Bronze und Eisen. In der 200 Meter höher gelegenen Höhle befinden sich weit weniger Figuren, dafür ist die Höhle grösser und der Einfall von natürlichem Licht geringer. Der Theravada Buddhismus ist in Laos angekommen, doch viele Bewohner hängen noch immer einer animistischen Glaubensform an, der rituelle Alltag wird weiterhin von Geisterzeremonien geprägt. So ist auch der Beginn dieser religiösen Stätte nicht buddhistisch, sondern animistisch. Schon lange wurde die Höhle für Zeremonien genutzt, hier wurde Phi (Mutter Natur) gehuldigt und die Höhlen wurden mit einem Flussgeist assoziiert. Im 16. Jahrhundert übernahm die königliche Familie den buddhistischen Glauben und danach wurde dieser Ort zu einem wichtigen buddhistischen Wallfahrtsort, speziell zum Neujahr besuchen viele Laoten diese Höhle. Während unseres Aufenthaltes in der Höhle waren aber auch ein paar Mönche vor Ort und machten Selfies wie alle anderen Touristen auch. Sie posieren auch gerne für Fotos mit Einheimischen, wobei die Damen dabei immer in die Knie gehen, denn man sollte auch beim Vorbeigehen an einem Mönch immer den Kopf senken (eigener Kopf sollte tiefer als der Kopf des Mönches sein), zudem darf eine Frau einen Mönch zwar ansprechen, ihn aber keinesfalls berühren und sich auch im Bus nicht neben ihn setzten.

 

Ein letzter Stopp machten wir in einem kleinen Dorf, welches den Übernamen Whisky Dorf erhalten hat, da man hier einen örtlichen Reisschnaps braut. Das Gebräu wird klar, oder aber mit Kräutern und allerlei Getier angeboten. So wirkt die Verkaufsauslage eher wie ein Museum mit Feuchtpräparaten von Schlangen und Insekten, als wie ein Spirituosen Geschäft. Mit viel mehr Interesse wendeten wir uns den Webstühlen zu und liessen uns von den einheimischen Frauen den Prozess erklären und ihre Erzeugnisse zeigen. Von einer jungen Frau kauften wir zwei einfache Baumwollschals welche durchwirkt sind mit von Pflanzenfarben gefärbten Fäden. Von einer älteren und offensichtlich sehr erfahrenen Dame kauften wir zudem einen wunderschönen Seidenschal. Sie erklärte uns, dass die Herstellung dieses schönen Stückes gegen zwei Wochen Arbeit bedeutet, und so fanden wir den Preis von 15CHF nicht überrissen. Zudem haben sie in der Gegend um Luang Prabang damit begonnen, ein eigenes Gütesiegel zu kreieren, um ihre traditionsreichen und handwerklich hervorragenden Arbeiten gegen die Billig Importe aus China abgrenzen zu können. Die Webekunst der Hmong und Lao ist eines der Kulturgüter und gefragtes Exportgut des Landes. Auch werden Zeremonien und Tänze als lokales Kulturgut wiederentdeckt und gefördert, nicht nur um den Touristen ein schönes Bild zu bieten, sondern um die eigene Identität zu stärken. Bei Ankunft in Luang Prabang können wir dann auch einige Hmong in ihren bunten Trachten beobachten, welche eben auf dem Weg zu ihrem Neujahrsfest waren.

 

Im Hotel in Luang Prabang wurden wir mit einem herzlichen Sabaidee (Hallo, Willkommen) begrüsst und bedankten uns mit einem "Khop Tschai Lailai" (Danke, vielmals) für den köstlichen Willkommensdrink und die frischen Früchte, die uns als Begrüssung gereicht wurden. Eine schöne, gemächliche und interessante Fahrt auf dem Mekong ging zu Ende und die Vorfreude auf die Erkundung des schönen Hauptorts Luang Prabang stieg.