Nordthailand

Mit dem öffentlichen Bus fahren wir problemlos innerhalb von rund 5 Stunden von Old Sukhothai nach Chiang Mai. Am Busbahnhof angekommen geht es gleich per Songthaew (lokales, offenes Taxi mit zwei sich gegenüberliegenden Bänken) in die Altstadt zu unserem Hotel (Mini Boutique House). Für 25 CHF je Zimmer und Nacht logieren wir in einem grosszügigen, neuen Design Zimmer und Frühstück ist auch inbegriffen. Tolles Preis/Leistungsverhältnis, einziger Wehrmutstropfen: Die Fenster sind nicht schallisolierend, doch das ist Meckern auf sehr hohem Niveau. Überhaupt sind wir erstaunt welch gute Qualität wir zu sehr günstigen Preisen hier in Thailand erhalten. In der Regel buchen wir über booking.com, ausschliesslich mit Bewertungen über 8.2 und einem Preis zwischen 20 - 35 pro Nacht und Zimmer. Alle Zimmer wirkten gut in Schuss, sind sauber bis sehr sauber, bieten ein privates Badezimmer, A/C und gratis Trinkwasser, manchmal auch Kaffee/Teekocher im Zimmer. Eine Unart besteht jedoch in den thailändischen Badezimmern: ein Duschvorhang fehlt fast immer und somit flutet man das halbe oder ganze Badezimmer, je nach dem wie die Dusche ausgerichtet ist. Ausserdem wird oft darum gebeten, das Toiletten Papier nicht in die Toilette, sondern in einen Eimer daneben zu werfen, also ganz wie in Südamerika. Was hingegen eher an Japan erinnert, sind die WC Schlappen oder FlipFlops welche vor allen Toiletten, auch im Hotelzimmer bereitstehen. So bekommt man wenigstens keine nassen Füsse.

 

Chiang Mai ist die 5. grösste Stadt in Thailand und hat rund 200^000 Einwohner. Sie wird gerne die Rose des Nordens genannt, bietet ein angenehmeres Klima als südlichere Städte und ist bei westlichen Auswanderern beliebt. Warum bleibt uns jedoch ein Rätsel, wir können dem Ort nicht viel abgewinnen. 1296 wurde Chiang Mai (neue Stadt) gegründet, heute hat sie aber mit einem überdurchschnittlichen Wachstum und Luftproblemen zu kämpfen. Der Verkehr wuselt, TuckTucks, Songthaews, Mopeds, Motorräder, Autos und Busse quetschen sich durch die Strassen. Einige der Motorräder fahren mit Seitenwagen, allerdings nicht wie wir das kennen, sondern eher ein rechteckiger Metallanhänger, welcher nicht hinten nach gezogen wird, sondern an der Seite montiert zum Transport von Menschen und Gütern genutzt wird. Fahrräder sieht man eher selten, sie sind kein Statussymbol, werden nur von ärmlichen Menschen oder Touristen genutzt. Innerhalb der alten Stadtmauern (2x2km) finden sich noch einige Teakhäuser, viele Tempelanlagen und am Sonntag Abend die Walking Street, also ein riesiger Nachtmarkt mit vielen Souvenir, Handwerks und Kleiderständen, aber auch Essenständen. Hier könnte man sich mit Weihnachtsgeschenken eindecken, wenn wir diese nicht noch ein paar Monate mit uns herumtragen müssten. Es hat sehr viele Menschen, auch viele Touristen und ich höre immer wieder, wie die Marktverkäufer sich mit den Chinesischen Touristen unterhalten, zumindest Xièxiè verstehe ich. Auf den Märkten soll man handeln, aber in den Geschäften und an Essenständen gelten fixe Preise, was angeschrieben ist gilt. In einer ruhigen Nebengasse können wir an einem kleinen Plastiktisch mit Plastiktischtuch und Baby Schemeln Platz nehmen und werden bekocht. Köstliches Patai (Nudelgericht) direkt aus dem Wok und dazu noch Tintenfisch und eine Eier Omelette im Palmblatt vom Grill. Wiederum gut und sehr preiswert. Da kann ich nur sagen "Kop Khun Kha" (Markus müsste Kop Khun Khrap sagen, um sich zu bedanken). Den "Wai" traditioneller Gruss (Hände aneinander und leichte Verbeugung) lasse ich aber weg. Die Regeln sind etwas komplizierter und ich will nicht ins Fettnäpfchen treten. Die Handstellung ändert je nachdem welche Hierarchiestufe mein Gegenüber bzw. ich selbst inne habe, da kann man nur Fehler machen, denn es ist eine Beleidigung, egal ob man zu niedrig oder zu hoch grüsst.

 

Am nächsten Morgen nehmen wir es gemütlich, schlafen aus und treffen uns erst gegen 9 Uhr zum Frühstück. Während wir uns unterhalten bewundern wir ein Eichhörnchen, welches sich entlang dem unglaublichen Kabelsalat aus Telefon und Elektrokabeln hangelt, ohne dabei einen Stromschlag zu erleiden. Dann entdecken wir den Waschsalon vis à vis und Jeannine und ich entschliessen uns, dort mal vorbei zu schauen. Allgemein kann man seine Wäsche in einem 24h Service zu 40-60 THB (1.50 CHF) pro Kilo abgeben, hier jedoch können wir in super sauberen und modernen Grosswaschmaschinen und Tumbler selber waschen. Die Wäsche von uns vieren haben wir nach einer Stunde sauber und gewaschen zurück für notabene weniger als 4 CHF. Danach gehen wir zu Fuss entlang der inzwischen nicht mehr gesperrten und daher sehr belebten Hauptstrasse der Altstadt, um zwei der beeindruckendsten Tempelanlagen der Stadt zu besuchen: Wat Phra Singh und Wat Chedi Luang. Wat Phra Singh ist der wichtigste Tempel der westlichen Altstadt und wurde 1345 erbaut und 2002 umfassend saniert. Rechts des Eingangs erhebt sich graziös der mit hervorragenden Holzschnitzereien bedeckte Mondhop (quadratischer Bau über einer Reliquie). Viele weitere kleinere und grössere Gebäude umfassen die gesamte Tempelanlage, am schönsten sind die Holzschnitzereien, aber auch die Nagas (Schlangenwesen) welche die Treppenaufgänge bewachen und als Gegenspieler der Garuda (das geflügelte Reittier des Vishnu) auf dem dreistufigen Dach gelten. In einer Ecke sehen wir ältere Statuen, teilweise beschädigt und wundern uns, warum diese hier am Mauersims einer Gebetshalle abgelegt wurden. Nebst Vishnu und Brama sehen wir hier auch Statuen von Ganesh, dem Hindu-Elefantengott welcher für Glück steht. Shiva kann ich nirgends entdecken, doch der Hinduismus bzw. thailändische Buddhismus kennt auch eine Art Dreifaltigkeit, Trimurti genannt, die Vereinigung der drei kosmischen Funktionen der Erschaffung, Erhaltung und Zerstörung bzw. Umformung, vertreten durch die grossen Gottheiten Brahma (Schöpfer), Vishnu (Erhalter) und Shiva (Zerstörer). Die Trimurti, oder Dreifaltigkeit, symbolisiert den Ursprung aller göttlichen Wirkung in einer Einheit, da die drei Aspekte sich gegenseitig bedingen und ergänzen, wie ein Rad. Dies wiederum erklärt aber nicht, was diese halbbeschädigten Statuen hier alle machen. Vielleicht eine Art Statuen Friedhof?

 

Im Zentrum der Altstadt erhebt sich der sagenumworbene, aufwendig restaurierte Wat Chedi Luang. Der Tempel beherbergte von 1482 bis 1547 den sogenannten Smaragd Buddha, der wichtigste Buddha Thailands, welcher nun im Wat Phra Kaeo in Bangkok steht. Die Decken der Gebetshalle und Säulen sind opulent verziert und geben der über 8m hohen, anmutigen goldenen Buddha Statue, welche von zwei Jüngern flankiert wird, einen würdigen Rahmen. Am auffallensten sind jedoch die bunten Papierfähnchen mit den zwölf chinesischen Tierkreiszeichen und guten Wünschen welche von der Decke hängen. Im weitläufigen und ruhigen Bereich der Tempelanlage hinter der Gebetshalle erhebt sich die wuchtige, 60m hohe Ruine des zentralen Chedi. 1545 zerstörte ein Erdbeben das ehemals 82m hohe Bauwerk, doch erst 1991 begann man mit der Restaurierung. Einige Elefantenstatuen wurden wieder rekonstruiert und eine der steilen Treppe zur ersten Terrasse ist ebenfalls restauriert, alle andern erinnern an Rutschen. Auf dem Tempelgelände leben viele Novizen und Mönche, die in der angeschlossenen Mahamakut Universität unterrichtet werden. Wer sich für einen Austausch mit ihnen interessiert, kann sich hier am angebotenen Monk Chat beteiligen und Fragen stellen. Ansonsten gilt: Mönche haben separate Warteräume, sitzen in der Regel in der hintersten Reihe im Bus und eine Frau sollte sich nicht direkt neben einen Mönch setzten und diesen schon gar nicht berühren. Ansprechen ist erlaubt und ich beobachte auch, dass sie sogar für Selfies mit Touristen und Einheimischen beider Geschlechter posieren, doch eigentlich müsste man dabei den Kopf einziehen (Einheimischen gehen daher beim Posieren in die Knie), denn beim vorbeigehen an einem Mönch sollte der eigene Kopf tiefer gehalten werden als der der Mönche. Erstaunt sind wir hier in Chiang Mai aber ganz generell über die moderne Lebenshaltung der Mönche, die zwar noch immer in ihrer orange/braun/gelben Kutte herumlaufen, aber durchaus ihr Smartphone zücken, eine Gucci Tasche (vermutlich ein Geschenk oder eine Fälschung) tragen und einen Coffee to go in der Hand halten. Wir sehen sogar, wie einer raucht und fragen uns, ob das denn wirklich nicht der Ethik des Mönchstum widerspricht.

 

Unweit des Thapae Stadttors im Osten statten wir dem burmesischen Restaurant "The Swan" einen Besuch ab. Die gute und sättigende Mahlzeit (z.B. Teesalat) im begrünten Innenhof am späten Nachmittag ersetzt ebenfalls das Abendessen und so verbringen wir den Abend im Hotelzimmer. Wir finden die richtigen Knöpfe und können den Film der da im Fernsehen gezeigt wird auf Originalton, also Englisch, umstellen. Doch so ein Film am thailändischen Fernsehen zu schauen wird zu einer Erfahrung der anderen Art. Nicht nur schaffen sie es den 1.5h Film dank Werbepausen und Beiträgen aus dem Königshaus auf 3 Stunden auszudehnen, sie verpixeln auch alle nur erdenklichen Sünden, vom Rauchen zum Alkohol bis zur Dame im Bikini und Waffen. Am irritierendsten jedoch war wohl die rund 25min Unterbrechung für die Reportage aus dem Königshaus, welche plötzlich eingeblendet wurde. Erst dachten wir, dass wir versehentlich den Sender gewechselt hätten, so abrupt war der Unterbruch, doch dann stellten wir fest, das fast auf jedem Sender das selbe gezeigt wurde, eine Art Tagebuch des Königshauses, Bilder von früher, unterschiedliche Orte und Projekte des früheren Königs.

 

Am kommenden Tag wollten wir die Umgebung von Chiang Mai erkunden und so mieteten wir Roller. Die Anmietung ist einfach und laut einem Abkommen zwischen UN und Thailand benötigen Ausländer angeblich keine internationalen Führerausweise, ausserdem fragt auch bei der Mietstation keiner nach dem Führerausweis. So fahren wir also in der noch angenehm frischen Morgenluft (notabene mit schlechtsitzenden Helmen auf den Köpfen) Richtung Wat Phrathat Doi Suthep, ca. 15km ausserhalb der Stadt und auf einem bewaldeten Hügel liegend. Von einem Aussichtspunkt haben wir in der Tat eine gute Sicht, auf den Flughafen unter uns und wenn es nicht so dunstig wäre, wohl auch weiter über das Land hinaus. Im Wat Prathat Doi angekommen stellten wir fest, das dies bei weitem nicht das ruhigste Örtchen ist. Der wichtigste Tempel Nordthailands wird von Massen von Touristen besucht und Massen von Thais, welche daraus ein Business machen, sind vor Ort. Kein bisschen Beschaulichkeit im Tempel und wir sind teilweise echt geschockt mit welcher Respektlosigkeit gewisse Besucher den Tempel betreten. Zwar halten sich fast alle an die Kleiderordnung und ziehen die Schuhe aus, doch man missachtet die in diversen Sprachen geschriebenen Schilder "nicht läuten" und bimmelt mal kräftig an den Glocken vor dem Tempel oder haut auf den Gong. Fürs Selfie oder das Familienfoto wird auch mal auf die Statue eines weissen Elefanten geklettert und wir können dem ganzen Zirkus nicht viel abgewinnen. Also wollen wir alsbald weiter.

 

Mittlerweile auf rund 1000müm wollten wir mit unseren Rollern noch etwas weiter hinauf, Richtung Nationalpark, doch nach wenigen hundert Metern hält Adi an und wir fragen ihn warum. Er halte nicht an, aber der Motor sei ausgegangen und der Roller mache keinen Wank mehr. Na toll, Benzin war noch drin, nicht viel aber an dem konnte es nicht liegen, der Anlasser klang auch ok, aber anspringen wollte der Roller nicht mehr. Also drehen wir um. Zum Glück geht es nun bergab und so brauchen Jeannine und Adi keinen Motor sondern gute Bremsen. Doch als wir zurück im Ort sind und die Strasse nicht mehr abschüssig ist, ist es vorbei mit der Fahrerei. Vor der Universität ist aus die Maus. So schieben wir den Roller in den Schatten einiger Bäume und versuchen ihn erneut zu starten. Im Tank können wir kein Benzin mehr sehen, die Anzeige (wie übrigens auch der Tacho) hat von Anfang an nichts angezeigt und so entschliessen sich Markus und Adi Benzin zu holen, während Jeannine und ich beim lahmen Roller bleiben. Die Jungs kommen und kommen nicht zurück und dann endlich doch, aber mit einer weiteren Story im Gepäck. Die beiden auf dem noch funktionstüchtigen Roller unterwegs wurden von der Polizei angehalten und gebüsst. 20 CHF für das Fahren ohne internationalem Führerausweis. Diskutieren brachte nichts und so zahlten die Jungs und bekamen eine Quittung, mit welcher sie wenigstens am selben Tag nicht mehr belangt werden konnten. Benzin hatten sie auch mitgebracht, aber auch mit ein paar Litern mehr im Tank sprang der Roller nicht mehr an. Also Planänderung. Jeannine und ich setzten uns in ein Kaffee und die Jungs fahren zum Vermieter. Eine 3/4 Stunde später sass Jeannine hinter dem Vermieter auf dem Sozius, ich bei Markus und Adi erwartete uns bei der Mietstation. Wir bekamen eine Entschuldigung und Teilerstattung der Benzinkosten, doch nun kommt der Gag an der Sache. Als der Vermieter beim lahmen Roller, der nun ja länger im Schatten stand, ankam und diesen startete, sprang dieser sofort an. Wir verstanden es nicht und er lachte nur. Keine Sorge, sowas komme immer mal wieder vor, denn den Berg hoch überhitzen sich die kleinen Motoren gerne und dann ginge eine Weile gar nichts mehr, bis diese wieder genug runtergekühlt hätten. Na prima.

 

Nach einem späten Mittagessen ruhten sich Jeannine und Adi auf dem Zimmer aus und Markus und ich gönnten uns eine Fussmassage. Für 250 THB (8 CHF) gab es eine stündige, wirklich gute Fussmassage. Zuerst wurden wir in einen Raum geführt wo wir ein Fussbad bekamen, danach in einen angenehm gestalteten Raum mit beruhigender Musik und angenehmen Duft für die Massage und am Ende gab es in einem Empfangsraum noch einen Tee, Gebäck und einen duftenden Schlüsselanhänger als Geschenk. Ganz nebenbei unterstützen wir hier auch noch einen guten Zweck, denn die Massage Salons  "Lila Thai Massage" (mittlerweile 7 Filialen in Chiang Mai) sind Ausbildungszentren und Arbeitgeber für ehemalige Gefängnisinsassinnen, welche nach einer Gefängnisstraffe (warum auch immer) so gut wie nirgends Arbeit bekommen. Viele von ihnen sind alleinerziehende Mütter und müssten zurück auf einen unsteten Lebensweg, bekämen sie hier keine Change. Wer die staatlich geprüfte Ausbildung schafft, der bekommt danach auch einen Anstellungsvertrag. Die Idee dazu hatte der ehemalige Gefängnisdirektor, selbst auch eine Frau. 2008 hat sie sozusagen als Integrationsprogramm die ersten Schulungen angeboten und 2014 den ersten Salon eröffnet.

 

Die 4.5h Fahrt am kommenden Tag von Chiang Mai nach Chiang Rai verläuft durch eine schöne Landschaft. Der Bus selbst erinnert an einen Partybus, mit Lämpchen, Spiegelchen, Stereoanlagen und Deckenstrahler, doch zum Glück ist es schön ruhig im Bus, nur in der Kurve beginnt der zweistöckige Bus oft mit einer Schaukelbewegung, und Kurven hat es genug auf der Strecke. So kann ich nicht lesen, dafür umso besser die Landschaft betrachten. Wir fahren entlang einer Art Gebirgsstrasse, welche eben verbreitert wird und teilweise durch recht dichten Wald führt, dann wieder hinunter in ein Tal mit kleinen Dörfern und viel Landwirtschaft. Jedes noch so kleine Dorf hat einen prunkvollen Tempel, manchmal schon fast kitschig dekoriert und einmal wirklich alt, mit erkennbarem Khmer Einfluss. Vom Busbahnhof in Chiang Rai ist es zu Fuss nicht weit in unsere Unterkunft, dem Grandma Kaew House. Das Haus liegt in einer Nebenstrasse und wir haben unsere Zimmer im ersten Stock mit kleiner überdachten Terrasse, wo es sich gut entspannen und lesen lässt.

 

Obwohl älter als Chiang Mai kam die Schnellstrasse und somit das moderne Leben erst in den 80-ern nach Chiang Rai. Heute hat es rund 70^000 Einwohner, ist aber noch immer eine Provinzstadt. Wir machen bei angenehmen Temperaturen (die Einheimischen ziehen schon Pullover an, wir erfreuen uns an den angenehmen 25 Grad) auf Richtung Blumen und Früchte Markt. Eine Fülle von Blumen, Gestecken und Kränzen erfreuen das Auge und sind nebst dem frischen Obst eine willkommene Abwechslung im ansonsten eintönigen Beton- und Kabelsalat der Stadt. Beim Goldenen Uhrturm, dem Wahrzeichen der Stadt, welches zum Sonnenuntergang beleuchtet wird, genehmigen wir uns ein Bierchen, bevor es Richtung Nachtmarkt geht. Im grossen, fest installierten Essensmarkt, welcher um einen grossen Platz angeordnet ist, essen wir Znacht. Auf der Bühne führt die örtliche Tanzgruppe einen thailändischen Tanz auf, während sich alle Gäste ihr Essen an einem der vielen Stände holen und sich dann zum Essen an einem der vielen dafür vorgesehenen Plastiktische setzen. Markus isst mal wieder Patai und ich versuche mich an einer nordthailändischen Spezialität: Khao Soi, einer Suppe mit Nudeln, Huhn, Kartoffeln und Gemüse, basierend auf Kokosmilch und Ingwer. Es schmeckt beides gut und als Dessert teilen wir uns alle ein Kübelchen selbstgemachtes Eis. Wirklich selbstgemacht, denn wir können die Zutaten aussuchen und dann zusehen wie aus Mango, Vanillemilch und Cashew Nüssen Eis wird. Auf einer Platte zerteilt und rührt, wickelt und streicht der gute Herr die Masse aus. Seine Kunst mit den Messern, die er gleichzeitig als Schaber einsetzt, erinnert stark an einen japanischen Teppanyaki Koch, doch seine Platte ist nicht heiss sondern eisgekühlt. Schmeckten tut das ganze vorzüglich.

 

Am nächsten Morgen fahren wir rund 40 Minuten im öffentlichen Bus zur Hauptattraktion der Gegend, dem weissen Tempel, ein Traum in Weiss und voller Symbolik. Wat Rong Khun, wie der Tempel eigentlich heisst, ist das Lebensprojekt des Künstlers Ajarn Chalermchai Kositpipat. Kurz nachdem wir aus dem Bus gestiegen sind, sahen wir das weisse Dach und je näher wir kamen umso mehr staunten wir ab der Detailfülle des einmaligen Gebäudes. Eine Brücke überspannt einen Halbkreis aus Händen die hilfesuchend aus der Hölle gestreckt werden und symbolisiert den Übergang vom Zyklus der Wiedergeburt zum Raum Buddhas, dem Tempel. Im Innern des Tempels erblickt man zuerst die grosse Buddha Statue aus Marmor, doch viel eindrücklicher sind die Wandgemälde. Je länger man die Motive betrachtet, umso mehr einzelne Bilder und Figuren lösen sich aus dem Gewirr an Dingen, welche alle ihre spezielle Symbolik haben. Rings um die Eingangstüre herum werden die Dämonen dieser Welt dargestellt, modern interpretiert, und so zeigen hier Figuren aus Krieg der Sterne, aber auch Komikfiguren wie Kung Fu Panda, Batman und Superman auf, dass wir keine Superhelden brauchen, aber mehr Moral in unserer Gesellschaft. Der 11. September inklusive Flugzeug im World Trade Center wird thematisiert, aber auch die Dekadenz des Showbiz mit Michael Jackson und Elvis oder Anspielungen auf die Versuchungen der modernen Welt wie Golduhren und Smartphones. Der Ewige Kampf zwischen Buddha und Mara, und so sieht man in den Pupillen eines angedeuteten Dämonenkopfes auch das Abbild von George Bush und Bin Laden. Der Künstler selbst sagt dazu, dass er jeden wissen lassen will, dass die Welt durch diejenigen zerstört werde, welche Waffen bauten. Waffen seien einzig zum Töten da und würden Menschen nie vereinen, sondern nur trennen. Den Seitenwänden folgend werden die Motive friedvoller, Barken voller Gläubiger, welche auf Buddha zufahren, symbolisieren den Weg zur Erleuchtung. Die Gesichter der abgebildeten Menschen werden friedvoller und gelassener, je näher die Bilder der Buddha Statue kommen. So will uns der Künstler zeigen, dass durch die Praxis der inneren Meditation ein friedvolleres Leben und innerer Frieden möglich ist. An der Wand hinter der Buddha Statue wird das Nirvana symbolisiert, mit wunderschönen Bildern von Kinnas, Lotusblüten, Vishnu und Brama, welche Ruhe und Friede ausstrahlen.

 

Der Weisse Tempel ist aber nur ein Teil eines riesigen sich noch im Bau befindlichen Geländes. Der Künstler will eine der schönsten Tempelanlagen bauen und zeigen, wie moderne Thai Buddhist Kunst aussehen kann. Er lässt aber auch Sozialkritik in die Symbolik einfliessen und so stehen im Park unter anderem ein Durchgang mit Tausenden von Glücksblättchen auf denen gute Wünsche notiert sind, aber auch ein rotes "Rauchen Verboten" Schild mit dazugehöriger Dämonenfratze. Zusammen mit 120 Arbeitern begann er 1997 mit dem Bau, doch die Vision seiner Tempelanlage wird wohl eher in 60-90 Jahren fertig sein, denn er will Thailand ein Taj Mahal oder Angkor Wat schenken, etwas was in einigen Hundert Jahren noch immer gerne besucht und bewundert wird. Derzeit baut er an einem Garten, welcher allen Besuchern, unabhängig von deren Religion, ein Glücksgefühl bescheren soll. Er selbst ist täglich auf der Baustelle und überwacht die weiteren Arbeiten, nebenbei widmet er sich der Malerei. Um sich artistisch frei äussern zu können, verzichtet er auf Grossspenden oder Spenden vom Staat. Was für ein grossartiger Bildhauer und Maler dieser Künstler ist, kann man bei einem Besuch seiner Kunstgalerie gleich neben der Tempelanlage sehen. Während es anfänglich noch sehr nebelig und bewölkt war, funkelte der mit tausend kleinen Spiegelchen verzierte, weisse Tempel im Sonnenlicht des späteren Vormittag umso eindrucksvoller. Eine Mischung aus filigraner Zuckerbäckerkunst und Märchenschloss, welches sich im mit weissen Koi Fischen bevölkerten Teich wunderbar spiegelt.

 

Zurück in der Stadt spazierten wir entlang der Hauptstrasse und wunderten uns über die vielen Schuhe vor einem Schuhgeschäft. Ja so funktioniert das hier, die Menschen ziehen nicht nur zum Betreten der Tempel oder ihrer Häuser die Schuhe aus, sondern auch zum Betreten eines Schuhgeschäftes. Im 7/11 holen wir noch Wasser und ich stelle erneut fest, dass man hier fast all unsere vertrauten europäischen Produkte bekommt, aber im Gegensatz zu Amerika nicht in Riesenflaschen, sondern in zierlichen Kleingrössen, welche sich in einem Reisenecessaire einfach prima machen. Japanischen Einfluss merkt man jedoch bei den Snacks, Noriblätter, Sesam und rote Bohnenpaste stehen hoch im Kurs. Zurück in unserer Unterkunft buchen wir unsere Weiterreise und Planen die ersten Tage in Laos. Manchmal frage ich mich wirklich, wie man gereist ist vor booking.com und maps.me. Am Abend lauschen wir dem TicTic-Geräusch der kleinen süssen Geckos vor unserer Zimmertüre. Sie sind unsere bevorzugten Hausgeistchen, denn sie sehen nicht nur nett aus, sondern halten das Zimmer von Ungeziefer frei.

 

Am nächsten Morgen hängt Smog über der Stadt. Es ist nebelig und durch die vielen Feuer ist die Luft recht belastet, weshalb viele Einheimische mit Mundschutz herum spazieren. Wir bekommen Bananen, Toastbrot und Kaffee gereicht, obwohl eigentlich kein Frühstück im Preis inbegriffen ist, und erneut überrascht uns die Freundlichkeit unserer Gastgeber. Nach dem Frühstück gehen wir Richtung Busbahnhof und bekommen gleich einen guten Sitzplatz in einem eher lädiert wirkenden Bus. So abenteuerlich die Fahrt im Regionalbus anfänglich wirkt, so angenehm war sie dann aber am Ende. Fenster und Türen des Buses blieben auch während der Fahrt geöffnet und so wurde es nie stickig im Bus. Der Busfahrer hatte einige Amulette aufgehängt und seine Frau kassierte nicht nur das Geld für die Tickets ein, sondern rief auch die Stationen aus und spielte lokaler Postbote, sammelte Briefe, Hühner, Getreide und Pakete ein und lieferte diese unterwegs wieder aus. Auf der Fahrt sehen wir die ersten Einheimischen auf Fahrrädern und Bauern mit traditionellen Strohhüten. Die Gegend ist ärmer als andere Teile Thailands, man sieht viele Feuer, ob Felder abgebrannt oder Abfall verbrannt wird ist nicht ganz klar, aber manchmal stinkt es auch unangenehm. Leider ist die Luft dementsprechend diesig und zudem staubig, trotz allem hat die Landschaft im Tal zwischen zwei Hügelketten irgendwie Charme. Auffallend ist auch, wie sich der Menschenschlag ändert, die Gesichter der Einheimischen hier in der Nähe der Chinesischen Grenze wirken rundlicher und dunkler als weiter im Süden. Aber auch hier hat jeder Jugendliche und fast alle Erwachsenen im Bus Smartphones, die neuen Zeiten haben wohl auch den letzten Winkel Thailands erreicht. Nach rund 2.5 Stunden erreichen wir Chiang Khong am Mekong, welcher hier Grenzfluss zu Laos ist.

 

Der kleine Ort ist ein angenehmer Ort um die vorerst letzten Stunden in Thailand zu verbringen. Die neue Uferpromenade lädt zum Schlendern ein, die Lokale am Wasser zum Essen. Am besten ist aber die Sicht von der Terrasse unserer Unterkunft "Green River", respektive von unseren privaten Balkonen über den Mekong, der hier etwa die Breite des Rheins bei Basel hat. Erneut eine überraschend schöne und saubere Unterkunft zu einem niedrigen Preis. Wir geniessen die Sicht nach Laos und die friedliche Abendstimmung am Fluss.