Wind Cave NP und Mammuts

Gleich bei Türöffnung sind wir im nur 5 Minuten vom Camping entfernten Wind Cave Nationalpark Visitor Center und können die erste Fairground Cave Tour des Tages buchen. Bis die anfängt, haben wir Zeit, die Ausstellung und den Film des Nationalparks anzuschauen. Der Wind Cave Nationalpark wird gerne Park der zwei Welten genannt, einerseits schützt er das Höhlensystem untertage, andererseits die darüberliegende Prärie und ihre Bewohner. Im Höhlensystem selbst leben kaum Tiere, da die Höhle zu trocken ist für übliche Höhlenlebewesen, in der weiten Prärielandschaft jedoch blüht das Leben, es gibt Bison, Ponghorn, Präriehunde, Hirsche und süsse Cottentail Kaninchen, um nur einige zu nennen. Auch der Kojote und der wieder angesiedelte Schwarzfussiltis leben in der hügeligen Grasslandschaft. Dieser Nationalpark wurde als 7. Park der USA 1903 gegründet und schützt als erster ein Höhlensystem und seine geologischen Schätze.

 

1881 wurde der Zugang zur Höhle von einem weissen Amerikaner entdeckt, ein kleines Loch aus dem der Wind wie verrückt bliess. Dieser Wind gab der Höhle den Namen und die Höhle atmet noch heute, ein und aus, je nach atmosphärischem Druckunterschied zwischen dem Innern der Höhle und der Umgebung ausserhalb. Die Höhle entstand vor über 320 Millionen Jahren und ist somit eine der ältesten Höhlen der Welt. Teile des Kalksteines wurde durch Kohlensäure aufgelöst und so entstanden die Durchgänge im oberen Level der Höhle. Da zeitweise auch ein grosses Meer über der Höhle lag, lagerten sich Sedimente ab und vor rund 60 Millionen Jahren wurde durch tektonische Aktivität die Gegend angehoben, die Rocky Mountains und Black Hills entstanden und das Höhlensystem wurde durch Frakturen und Risse im Kalkstein erweitert. Diese lange Geschichte ermöglichte die Entstehung einer der komplexesten Höhlen der Welt. Während es hier kaum Stalaktiten und Stalagmiten hat, finden sich dafür vier ansonsten eher seltene Gesteinsformationen. So gibt es hier das ansonsten seltene Boxwork (95% des weltweit bekannten Boxwork findet sich ausschliesslich in dieser Höhle), eine honigwabenartige Formation die ganze Höhlendecken und Wände verziert. Eigentlich nichts anderes als sehr dünnes Kalzit welches von den Wänden und Decken absteht. Obwohl der genaue Formungsprozess von Boxwork den Geologen bis heute nicht ganz klar ist, fanden sie heraus, dass die Formation an sich älter ist als die Höhle selbst. Säurehaltiges Wasser hat den Kalkstein aufgelöst und diesen vermutlich so geformt.

 

Es tropft nichts in der Höhle und an vielen Stellen wachsen die Formationen auch nicht. Das wenige Wasser von der Oberfläche sickert durch den Stein und so entstehen teilweise spezielle Formen, überall da, wo der ausgeschwemmte kohlensäurehaltige Kalk mit der Luft in Berührung kommt. So gibt es sogenanntes Popcorn und sehr delikates Frostwork, das aussieht wie festgefrorene Schneesterne. Seit über 100 Jahren erforscht man das Höhlensystem, doch sind erst rund 5% (225km) kartografiert, das System ist riesig. Die First Nation der Gegend wiederum haben einen ganz anderen Bezug zur Höhle. Die Lakota, Dakota und Nakota (oft als Sioux bezeichnet) nennen sich gemeinsam Oceti Sakowin und sehen in der Höhle den Ort ihrer Entstehungsgeschichte. Die Höhle ist das Tunkan Tipi (Lodge of the Ancients). Dort warteten die Vorväter bis die Erde bereit war für sie. Zwei Geister spielten einer kleinen Gruppe dieser Vorväter einen Streich und so krochen sie zu früh auf die Erde. Als Bestrafung für ihren Ungehorsam verwandelte sie der grosse Geist in Bisons. Später, als die Menschen "the first ones" aus der Höhle kamen, folgten sie den Bisons. Diese Menschen wurden das Volk der Oceti Sakowin.

 

Nach dem Besuch der Höhle fuhren wir nach Hot Springs. Dieses kleine Dorf ist per se nix Spezielles, doch bietet es einige touristische Merkmale: hier sind 35 aus Sandstein errichtete Häuser aus der Gründerzeit erhalten geblieben, so auch das prominente Evans Hotel. Zusammen bilden diese Häuser einen klaren Kontrast zur sonst üblichen Holzbauweise der Region. Der Ort selbst wurde wegen der Mineralquelle des Ortes bekannt. Uns jedoch ist es zu heiss, um im Evans Plunge Mineral Springs Komplex (30°C / 19'000 Liter pro Minute) zu plantschen. Wäre aber eine Variante, um zu duschen, sofern man auf dem vom Ort gratis angebotenen Campground (notabene mit Strom und überdachten Picknickplätzen) nächtigen würde. In der Nähe liegt auch das Mustang Black Hills Wild Horse Sanctuary, ein weiteres Schutzgebiet, welches rund 500 Wildpferden eine Heimat bietet. Wir jedoch entschliessen uns zum Besuch einer Ausgrabungsstätte, wo man unzählige Mammut Skelette auf kleinstem Raum gefunden hat. Auf der Fahrt zu der nicht weit ausserhalb des Dorfes gelegenen Ausgrabungsstätte fahren wir durch ein Gebiet, wo noch vor einem Tag ein grosses Wildfeuer gewütet hatte, welches inzwischen zum Glück unter Kontrolle ist und das Dorf nicht erreicht konnte. Die Strasse wurde eben wieder geöffnet, aber die verkohlte Fläche links und rechts stimmt nachdenklich.

 

Die Mammoth Site ist die grösste pathologische Ausgrabungsstätte der Welt, welches Mammuts ausgräbt. Diese der Öffentlichkeit zugänglich gemachte, überdachte und klimatisierte Stätte arbeitet im "in situ" Verfahren, heisst, die Knochen werden dort gelassen, wo sie gefunden werden und nicht in ein Museum abtransportiert. Vor über 20'000 Jahren wurden hier Columbian & Wollmammuts durch eine warme Quelle angezogen, welche einen nicht zufrierenden Pool mit steilen Wänden gebildet hatte. Tiere, die beim Versuch zu trinken hineingerutscht sind, konnten sich nicht mehr befreien und rutschten an den steilen Wänden ab, da die Quelle keinen natürlichen Ausstieg gebildet hatte. So sanken die toten Körper in dieses Loch, welches allmählich austrocknete und am Ende durch die Tektonik sogar leicht angehoben wurde. 1974 rollten Bulldozer an, um diese kleine Erhebung zu planieren, damit eine Siedlung gebaut werden konnte. Doch kurz darauf fand man den ersten Stosszahn und stoppte das Projekt. Ein Fond wurde gegründet und bis heute konnten hier über 60 Mammuts ausgegraben werden. Erstaunlicherweise sind nur eben 3 dieser Tiere Wollmammut, alle anderen sind von der viel grösseren Art Columbian Mammuts. Der Grund warum hier vor allem Columbian Mammuts gefunden werden, liegt in der geografischen Lage des Ortes begründet, welche zu südlich und dementsprechend zu warm für Wollmammuts war. Interessanterweise findet man hier hauptsächlich Gebeine von relativ jungen und auch fast ausschliesslich männlichen Tieren. Man geht davon aus, dass solche Unfälle älteren Tieren und im Speziellen von erfahrenen Leitkühen geleiteten Tiergruppen nicht passiert sind und es daher eher Männchen im Teenageralter traf, die sich von der Gruppe gelöst hatten, um ihre ersten Erfahrungen zu sammeln und sich vom verlockenden Wasservorkommen verführen liessen ohne die Gefahr zu sehen.

 

Wir hatten einen wirklich begabten und engagierten Führer, blond und mit schon fast klassischen Gesichtszügen, erklärte er uns nach der Führung im persönlichen Gespräch, dass er selbst in einer Reservation aufgewachsen sei und obwohl man es ihm wohl kaum ansehe, stolz auf seine indigenen Wurzeln sei. Orte wie dieser, so betonte er, seinen wichtig für seine indigene Identität, denn durch so eine Ausgrabung werde auch belegt, dass die indigene Bevölkerung auf diesem Kontinent schon viel länger ansässig sei als bisher angenommen. So weiss man, dass Mammuts in der Region der Black Hills schon vor 12'000 Jahren gejagt wurden, doch neuste Angaben sprechen nun für einer Einwanderungswelle welche 25 - 50'000 Jahre zurück liegt, und somit nicht dann stattfand, als die Beringstrasse zugefroren war, sondern während einer viel wärmeren Zeit Periode. Zudem widerlegt dies nicht nur die Theorie der Besiedlung zu Fuss, sondern unter Umständen auch die der Geburt der Menschheit auf dem Afrikanischen Kontinent. Naja, Theorien sind ja auch dafür da, entweder belegt oder durch neue Erkenntnisse widerlegt zu werden.

 

Obwohl Tausende von Jahren lange wirken, ist es trotz allem ein interessantes Gedankenspiel, sich vorzustellen, dass vor 6000 Jahren (also zur gleichen Zeit wie die Ägypter am Nil ihre Hochblüte hatten) auf dem Nordamerikanischen Kontinent noch Ur-Bisons lebten, welche rund 25% grösser waren als die heutigen. Ebenfalls ein interessantes Gedankenspiel ist es, sich vorzustellen, dass die Menschen schon viel länger auf dem nordamerikanischen Kontinent lebten, als bisher angenommen. Nur weil kaum menschliche Überreste aus dieser Zeit in Nordamerika gefunden wurden, muss das ja nicht heissen, dass sie nicht hier gelebt haben. Erstens, weil vorhandene Knochen einfach noch nicht gefunden wurden und zweitens, weil auch die Bestattungsrituale indigener Stämme solche Funde verunmöglichten. So ist es im Sinne eines Kreislaufes für viele indigene Stämme nur logisch, die Toten aufgebahrt den Tieren zu überlassen (im Leben haben sich die Menschen von den Tieren ernährt, im Tod sollen sich die Tiere von den Menschen nähren können), welche dann keine Reste übrigliessen. Von solchen Kulturen wird man also nur schwer Knochen ausgraben können, und auch andere, uns vertrautere Formen der Kultur fehlen, wie schriftliche Aufzeichnungen und in Folge die erhaltenen Schriftstücke. Andererseits gibt es orale Überlieferungen, welche über 10'000 Jahre zurückgehen und auch erst kürzlich gehobene Funde in Kalifornien belegen, dass Tiere, welche vor mehreren 10'000 Jahren auf diesem Kontinent gestorben sind, von Menschen erlegt wurden.

 

Nun aber zurück zu den Funden die hier vor Ort ausgegraben werden. Nicht nur Mammuts, auch andere Tiere wurden hier gefunden, darunter zwei "short-faced bears", riesige, inzwischen ausgestorbene Bären, deren Skelette in fast perfektem Zustand gehoben werden konnten. Auch fand man beispielsweise Knochen des gemeinsamen Vorgängers des heute in Südamerika lebenden Lamas und des heute in Afrika beheimateten Kamels. Auch hier deuten neuste Erkenntnisse darauf hin, dass das Kamel zuerst in Nordamerika auftrat, bevor es seine Reise auf den Afrikanischen Kontinent antrat, also quasi in umgekehrter Richtung als bisher angenommen. Für uns spannend und teilweise auch neu waren die Fakten rund um die speziell gut erhaltenen Skelette der Mammuts, welche wir in solcher Form noch nie gesehen hatten. Offensichtlich gab es ähnlich wie bei den heutig lebenden Elefanten (Asiatische und Afrikanische) auch bei den Mammuts eine grosse Artenvielfalt, so war das europäische Wollmammut grösser als das nordamerikanische. Ein nordamerikanisches Wollmammut, welches vor allem die nördlichen Gebiete des heutigen Kanada und Alaska bewohnte, war mit einer Schulterhöhe von 3m kleiner als der heutige Afrikanische Elefant (3.5m), das in Kalifornien gefundene Pygmy Mammmut wiederum viel kleiner (nur 1.8m / ausgestorben vor rund 11'000 Jahren), das Columbian Mammut hingegen überragte mit rund 4m Schulterhöhe all seine Artgenossen. Das Skelett des Columbian Mammuts weist zudem veränderte Merkmale auf, die erklären, wie seine Beine, vor allem aber sein Rücken und Nacken den gewaltigen Schädel und die Stosszähne des bis zu 10 Tonnen schweren Tieres tragen konnten. Es kamen die selben mechanischen Prinzipien zum Zuge wie bei einer römischen Steinbrücke: 4 Säulen (Beine) und ein Bogen (Rücken) halten alles zusammen und zudem war die Wirbelsäule gegen oben gebogen und konnte so mehr Gewicht tragen.

 

Die letzten Mammuts starben erst vor rund 3500 Jahren aus, lebten auf dieser Welt jedoch für rund 5 Millionen Jahre. Die Knochen erzählen vom Leben dieser Tiere, und die Skelette geben Auskunft über Geschlecht und Alter der Mammuts. So kann dank dem Beckenknochen eindeutig bestimmt werden, ob es ein Männchen oder Weibchen war und zwar egal ob Jungtier oder ausgewachsen. Zähne sind ein anderes, wichtiges Merkmal. Mammuts (wie auch heute lebende Elefanten) bekommen entgegen Menschen nicht 2 sondern 6 Set Zähne. Mit Alter und Wachstum werden die Zähne grösser und durch die Futteraufnahme wieder abgenutzt (wir sprechen hier von den Malzähnen, nicht den Stosszähnen). Sobald die Zähne abgenutzt sind, stösst ein neues Paar hervor, so sind im Backenknochen bis zu 2 Zahnreihen in Wartestellung. Anhand des Entwicklungsstadiums kann man so das genaue Alter bestimmen. Nach 60-80 Jahre ist das letzte Set Zähne verbraucht und das Tier stirbt, da keine Nahrung mehr verarbeitet werden kann. Der fossile Abdruck der Mahlzähne sieht aus wie ein Abdruck eines riesigen Turnschuhes und man kann diese gerippten Abdrücke über das ganze Ausgrabungsfeld verstreut erkennen. Eine weitere Einzigartigkeit dieser Ausgrabungsstäte ist, dass die Geologie die Knochen nicht versteinern liess. Das Gewebe hat sich aufgelöst, aber keine Steinstruktur wurde gebildet. Daher sind die Knochen extrem trockene und fragile Exemplare und die Stosszähne noch als Elfenbein erkennbar. Wirklich sehenswert diese Ausgrabungsstätte und wir waren beide von der Sichtung und Führung sehr angetan.

 

Wir durften feststellen, dass sich in den Black Hills mehr versteckt als ursprünglich angenommen und so wundert es nicht, dass wir am Abend auf dem Campground im Wind Cave Nationalpark noch eine andere Entdeckung machen. Wir hatten eben die Spaghetti fertig gegessen, die Flasche Wein war noch halbvoll, da sahen wir doppelt. Doppeltes Lottchen! Wie ein Spiegelbild parkt da ein weisser HZJ75 Toyota Landcruiser mit Schweizer Kennzeichen. Kein Zürcher Kennzeichnen, Basler waren es und das Auto hatte auch kein Klappdach sondern eine aufgebaute Wohnkabine, aber dennoch, wir mussten wirklich zweimal schauen. So lernten wir Isabella und Daniel kennen, rund 10-15 Jahre älter, super sympathisch und sehr reiseerfahren. Sie sind nun auf ihrer 4. Weltreise, fokussiert auf das weniger touristische Hinterland von Amerika und mit dem verständlichen Bedürfnis einmal nicht mit Korruption und Kriminalität in Schwellen- und Entwicklungsländern konfrontiert zu werden, sondern einfach zu geniessen. Wir sind begeistert und bewundern, dass sie mit Mitte 50 nochmals so eine Auszeit wagen, ohne Jobsicherheit zu Hause. Wir tauschen uns aus, Erfahrungswerte und Erlebnisse, und verbringen einen angenehmen Abend und gemütlichen Vormittag zusammen. Leider haben die beiden keine Webpage, auf welcher wir nachlesen könnten, wie ihre Reise verläuft, wünschen ihnen aber nur das Beste.

 

Das Ranger Abendprogramm schauen wir uns gemeinsam an, diesmal geht es um Wildfeuer und kontrolliertes Brandmanagement. Der Vortrag bescherte kaum neue Erkenntnisse aber dafür ein grosses Aha Erlebnis. Der Grund warum ein Feuerwall ein grosses Feuer stoppen kann (also Feuer gegen Feuer eingesetzt werden kann), liegt darin begründet, dass das grosse Feuer allen Sauerstoff anzieht und daher ein Sog entsteht, auf welchen sich ein gezielt gelegtes Feuer zubewegt und so eine Brandschneise bauen kann, ohne sich durch Windeinfluss in die falsche Richtung zu bewegen. Nach dem Vortrag kam ich mit dem Ranger noch etwas ins Gespräch und lernte einige interessante Fakten über Qualifikation und Bewerbungsprozess bzw. den Beruf des Rangers im Allgemeinen. Auch erfuhr ich so, dass eine Greencard nicht ausreichen würde, sich als Ranger zu bewerben, offensichtlich muss man dafür Amerikanischer Staatsbürger sein. Hä, ja, äh, absolut verständlich, schliesslich kann ja nur ein amerikanischer Staatsbürger die amerikanische Natur und Infrastruktur eines amerikanischen Parks schützen. Naja, daran liegt es in der Tat nicht, aber die Ranger gehören dem Staatsdienst an und somit ist nur Volontär Arbeit ohne Staatsangehörigkeit möglich. Ich denke aber die Ranger hier machen in der Regel einen sehr guten Job und so freue ich mich schon auf die gesammelten Geschichten aus 30 Jahren Berufserfahrung im Buch "Hey Ranger" von Jim Burnett.