Hwy 1 und Big Sur

Wir verabschieden uns für ein Erstes von der Sierra Nevada und fahren runter in die trockene Ebene. Feedlots und bewässerte Orangenplantagen prägen das Bild, dazwischen Wasserpumpen, welche das letzte Nass aus dem Boden holen. Erntehelfer, Monokultur und Farmen mit riesigen Fuhrparks. Wir kommen durch ein kleines Städtchen und wieder fällt uns auf, wie viel Drive-Thru Angebote es hier gibt, da ist alles dabei, vom Drive-Thru Fastfood, Smoothy Bar bis zur Bank. Ausserdem sind wir erneut von Walmart enttäuscht, keine Ahnung ob das nur ein regionales Problem ist, aber das Angebot ist weder überzeugend noch billig und die Frischetheke in einem Superstore muss man mit der Lupe suchen. Dafür überrascht uns Dollar Tree und 99cents only. Beide Geschäfte sind wirklich preiswert und haben noch nicht mal den Charakter von Restpostenläden, sondern führen ein gutes Sortiment (sogar UHT Milch, was man hier suchen kann). So kostet dann die Gallone Wasser auch nicht knapp 4 USD sondern nur 1 USD. Für Frischwaren gehen wir zum Safeway, welcher im Süden der USA ab und an auch Vons heisst, in diesem Städtchen aber nicht präsent ist. Nachdem wir unsere Vorräte aufgestockt hatten ging es weiter entlang der Strasse und uns fällt auf, hier wird per Schild zum Denunzieren aufgerufen. "report drunken driver - call 911" steht da, aber auch andere Dinge. Manchmal ist 911 die Nummer die man anrufen soll, manchmal steht da aber auch der Name und die Nummer des örtlichen Sheriffs. Eine erfreulichere Sichtung am Strassenrand ist dann ein unerwartet auftauchender Verkaufsstand. "frutas frescas" wird da versprochen und wir halten an. Mitten in den kalifornischen Monokulturen verkauft da ein Mexikaner frische Früchte und Gemüse zu einem anständigen Preis. Das die kleinen, köstlich schmeckenden Honigmangos aus Mexiko und nicht aus Kaliforniern stammen, fiel uns erst später auf, aber auch, dass wir für die selben Mangos in einem Geschäft pro Stück USD 3 und nicht für ein ganzes Körbchen USD 10 hätten zahlen müssen.

 

Die Landschaft auf der Weiterfahrt wird immer dürrer und wenn es für Kühe zu trocken wird, dann kommen die Ölförderpumpen. Zum Glück erreichen wir bald die Zwischengebirgskette (eine Hügelkette zwischen der Sierra Nevada und der Küstenkordillere), wo sich auch der Pinnacles Nationalpark befindet. Im Tal davor gibt es wieder mehr Bäume, gelbes Grass und Kuhweiden. Sanfte Hügel bedeckt mit gelbem Präriegras, Vögel in der Luft und Bäume, welche grüne Tupfer und Flächen auf die Flanken der Hügel zaubern. Kleine Bauernhöfe, alle mit einem grossen Zufahrtstor (meistens mit den Initialen des Bandsiegels) wie man das bei Ranches kennt und quietschenden Windmühlen, welche das Wasser aus dem Boden pumpen. Erdhörnchen huschen in Massen über die Strasse und bald erreichen wir das Camping am Fusse der Pinnacles, wo uns auch Duschen versprochen wurden. Leider müssen wir lernen, dass diese kaputt sind und auch der Standard des Angebotes nicht dem entspricht, was wir von anderen Nationalparks gewohnt sind (zum Beispiel Trinkwasserspender). Der Pool, in welchem sich alle Besucher ungeduscht abgekühlt haben, wurde eben geschlossen, aber wir treffen noch eine Dame (notabene keine Rangerin), welche auf ihrem Golfwägeli herumkurvt und uns noch einen Platz zuteilen kann. So sitzen wir nun draussen vorm Bobilchen und trinken ein Arizona, während wir Bambi und Klopfer, sowie die lustigen Rennhühner mit ihren wippenden Federn beobachten. Es wirkt friedlich, doch die Anzahl der Stechmücken bzw. Steckfliegen nimmt mit der Dämmerung zu und so verziehen wir uns bald ins Innere unserer 5qm Maisonnette Wohnung auf Rädern.

 

Auch auf diesem Platz bieten sie die Bärenboxen, informieren allerdings, dass diese in erster Line wegen den Waschbären zu nutzen seien, diese brechen zwar nicht in Autos ein, stibitzen aber alles was nicht Niet- und Nagelfest ist. Nach dem Eindunkeln hören wir dann ein Rascheln, und sehen, wie ein Waschbär von Stellplatz zu Stellplatz auf Futtersuche zieht und sich dann enttäuscht von dannen macht, haben doch alle Camper die Regeln befolgt. Auch gab es Fledermäuse zu sehen und zum Frühstück grüsste uns eine hamstergrosse Maus, die immer wieder im Loch verschwand, mit noch mehr Material rauskam und wieder verschwand. Ein geschäftiges Tierchen und ein halber Zoo dieser Camping, ideal für Familien, denn hier gibt es nur die "jöööh-Tierchen" und keine grossen Raubtiere. Zudem lernen die Kinder hier, dass nicht alles was "jöööh" ist, auch gestreichelt oder gefüttert werden darf. Interessant finde ich ja auch die Junior-Ranger Programme, die sie in den Nationalparks anbieten. Interessant gestaltete Büchlein werden abgegeben, und wenn sich ein Kind die Zeit nimmt, sich mit dem Park, seinen Eigenarten und Tieren zu beschäftigen, bekommt es ein kleines Geschenk, einen Stempel in den Junior Ranger Pass oder kann an weiteren Programmen teilnehmen.

 

Der San Andreas Graben verläuft entlang der Ostgrenze des Parkes und seine Kräfte haben den Pinnacles Park nachhaltig geprägt. Mitten in Kalifornien und auf einer Länge von 600 Meilen schiebt sich die Pazifische Platte nordwärts und die Amerikanische Platte westwärts. So reiben die beiden stetig aneinander, verhaken sich und entladen die Spannungen in Erdbeben. Natürlich liegt auch der San Andreas Graben auf dem "Pacific Ring of Fire", dem plattentektonischen Gürtel vulkanischer Aktivität. Hitze, Frost, Wind und Wasser haben das ihrige dazu beigetragen, dass dieses Gebiet mit ihren Felsnadeln, Monolithen, Canyons und mit Felsbrocken gedeckter Höhlen aus der Umgebung hervorsticht. Dieses alte Vulkangebiet ist erst seit 2013 zum Nationalpark erklärt worden, vorher war es ein National Monument und Freizeit / Erholungsgebiet. Doch dieser Park schützt nicht nur spezielle Geologie sondern auch endemische Tiere wie den kalifornischen Kondor, welcher hier brütet, aber auch Reptilien, Fledermäuse und andere Tiere. So zum Beispiel die grösste Diversität an Bienen in den USA, über 400 verschiedene Bienen soll es hier geben, ich wusste noch nicht mal, dass es überhaupt so viele Arten gibt. Das liegt wohl daran, dass es nur ca. 10 Arten gibt, welche als Nutztiere (Honigbiene) dienen, die anderen fast 20.000 uns bekannten Bienenarten sind alles Wildbienen. Das mediterrane Klima (warme, trockene Sommer und kalte Winter) lässt im Park unzählige Pflanzen erblühen. Wir haben den Bear Gulch und Rim Trail miteinander kombiniert und somit auf einer kurzen, rund stündigen Wanderung einen guten Eindruck der Geologie und vielen Libellen beim Bear Gulch Reservoir bekommen. Dort schwamm auch eine Schlange über den See, was sehr eindrucksvoll aussah, denn man glaubt gar nicht, was für gute Schwimmer die sind. Leider war es sehr heiss und für unseren Geschmack waren viel zu viele Leute unterwegs.

 

So fuhren wir wieder weiter und kamen via King City langsam auf die Küstenkordillere zu, welche sehr nahe an der Pazifikküste entlang verläuft. King City scheint die Stadt der mexikanischen Gastarbeiter und chinesischen Ladenbesitzer zu sein, und so verliessen wir diese geisterhaft wirkende Stadt möglichst rasch Richtung Nacimiento-Fegusson Road, derzeit der einzigen Verbindung zum Highway Number 1. Der Hwy 1, welcher durchgehend der Küste von Los Angeles nach San Francisco folgt, wird derzeit renoviert und so ist dieser noch bis Ende Jahr ab Gorda bis weit südlich gesperrt. Die Umleitung führt durch ein Militär Sperrgebiet, wir sehen einen Spielplatz für Soldaten, mit den berühmten Kletterwänden und Kriechtunnels, doch kurz vor dem stark bewachten Kasernengelände, zweigt die Strasse ab und ein recht improvisiertes Schild weist darauf hin, dass dies der Weg zum Hwy 1 ist. Wir folgen der Strasse und geniessen die Fahrt durch den schönen Wald immer höher steigend bis auf den Bergrücken. An der Plasket Ridge Road biegen wir ab und kurze Zeit später öffnen sich tolle Ausblicke auf das Blau des Pazifik weit unter uns. Wir suchen uns ein gutes Plätzchen für das dispersed camping, schliesslich befinden wir uns im Los Padres National Forest. Das wir aber nicht die einzigen sind, die von dieser unbefestigten Aussichtsstrasse Kenntnis haben, zeigte sich kurz später. Eine Mutter mit ihren zwei Kindern fährt vor und baut rund 10 Meter neben uns ihr Zelt auf. Wir kommen kurz ins Gespräch und erfahren, dass sie zwar schon in Europa war, offensichtlich auch dort studiert hat, nun aber den Kindern ihr Land zeigen wolle und somit auf einem mehrmonatigen Roadtrip sei, und die Kinder selbst unterrichte. Die Familie verbleibt die meiste Zeit des Nachmittags im Auto, was auch wir machen, denn stechende Fliegen und Bremsen sind hier zum ersten Mal in Nordamerika eine echte Plage.

 

Wir bauen zwischen Baum und Bobilchen als Sichtschutz unsere Aussendusche auf, denn trotz den stechenden Viechern haben wir ein Bedürfnis nach einer kurzen, kühlen Dusche, auf welche wir uns am Tag davor vergeblich gefreut hatten. Erfrischung in Badehose, aber es tat gut, und während wir uns drinnen am abtrocknen und wieder anziehen sind, fährt ein weiteres Auto auf die kleine Ebene oberhalb der Strasse. Wir hören wie es hin und her fährt, offensichtlich versucht der Fahrer zu wenden. Dann schauen wir aus dem Dachfenster und stellen fest, dass der doch tatsächlich versucht neben uns zu parken, also quasi in unserer Dusche. Ich mache mich bemerkbar, gehe dann raus und die junge Frau grüsst freundlich und fragt, ob es ok sei, wenn sie hier campen würden, oder ob das für uns zu nahe sei. Ich denk erst, die macht einen Scherz (da ist ja gar kein Platz mehr für ein Zelt), doch die meinte das ernst. Ich zeigte auf unseren Duschsack der über ihrem Auto hing und meinte, sei schon etwas sehr eng hier (die hätten zwischen Bobilchen und Baum die Türe gar nicht mehr aufmachen können) und ausserdem würden sie grad in unserer Dusche parken. Jetzt schaute sie erst recht irritiert, erst zum Sack, den sie eindeutig nicht als Dusche identifizieren konnte, dann wieder zu mir. Ja wo sie denn hinsollen, sei dies hier nicht der dispersed camping? Ich lächelte sie freundlich an (dachte mir dabei so einiges was nicht ganz so freundlich war) und machte sie darauf aufmerksam, dass sie sich entlang der gesamten Strasse ein schönes Plätzchen suchen könnte, das es davon mehrere mit noch besserem Blick gebe und sie dort auch mehr Platz hätten. Die junge Frau bedankte sich, und ihr Maker versuchte wiederum geschlagene 5 Minuten aus der eingeklemmten Situation zwischen Baum und Bobilchen rauszufahren, zum Glück ohne dieses zu touchieren. Es fuhren noch einige Autos der Strasse entlang, auf der Suche nach einem guten Plätzchen, die wenigen Campgrounds unten an der Küste waren sinnlos überfüllt.

 

Am nächsten Morgen ist der Blick über den berühmten pazifischen Nebel herrlich, wir können die Küste nicht erkennen, sind selbst aber in der Sonne über dem Nebelmeer. Dann tauchen wir in diesen Nebel ein und kommen unten an der wildromantischen Küste wieder raus. Wir sind zu früher Morgenstunde noch fast alleine unterwegs und die Fahrt entlang der Küste, vorbei an teils von Nebel eingehüllten Aussichtsterrassen gefällt uns sehr gut, Nebelschwaden wechseln sich mit sonnigen, felsigen Küstenabschnitten ab. Im Big Sur steigen steile Küsten abrupt aus dem Pazifik, ohne komfortable Küstenlandschaften oder sanfte Hügel windet sich die Strasse direkt zwischen Meer und Bergflanke durch. Innerhalb von ca. 3km steigt diese steile Wand auf über 1500 MüM an und es ist ein stetiger Kampf der Giganten, zwischen den geologischen Kräften, welche den Fels anheben und der Kraft des Wassers, welche diesen wieder abträgt. 1922 hat der Bau des Hwy 1 hier begonnen und eine Reihe fotogener Brücken entstand. Von den 31 Brücken haben nur die 7 Betonbrücken bis heute überlebt und sind Symbole dieser Strasse geworden. Meist unerwähnt bleibt, dass der Bau welcher fast 2 Jahrzehnte dauerte, vor allem durch Strafgefangene erstellt wurde. Wir entschliessen uns kurze Zeit später die 10 USD für das Parken am Pfeiffer Beach zu zahlen und diesen berühmten Strand zu besuchen. Ein wirklich ausgesprochen schön gelegener Strand mit weissem Sand, klarem Wasser und Felsklippen. Wir finden ein windgeschütztes Plätzchen und geniessen ein romantisches Picknick wie in diesen Kitschromanen mit improvisierter Decke, auf welcher wir uns in Badehose die Sonne auf den Bauch scheinen lassen und ein Buch lesen. Zum Baden ist es zu kühl, nicht nur das Wasser, auch der kalte Wind bläst unangenehm, wenn man den Windschatten verlässt. Pelikane fliegen im Formationsflug entlang der Küste und wir geniessen das Rauschen der Wellen. Am Nachmittag, als wir wieder weiterziehen, kommen auch viele Familien an den Strand. Wir fahren weiter, doch wie wir Carmel erreichen, ist alles in dichten Nebel gehüllt, noch ein wenig weiter und unser Tagesziel, ein Motel in Castroville ist erreicht.

 

Die Ortschaft ist Hauptstadt der Artischocke, was will man sagen, jeder muss seine besten Seiten hervorheben. Der Ort selbst ist eher schäbig, so auch das Motel 6, zumindest von aussen. Das Zimmer selbst jedoch ist unlängst renoviert worden und wirkt sauber und hell. Da ich diese Adresse angegeben hatte, damit man mir per DHL meine Kreditkarte zusenden konnte, ging ich zur Rezeption und erkundigte mich, ob den ein DHL Umschlag gekommen sei. Die Antwort war nein, DHL liefere auch nie am Sonntag. So hoffte ich auf Montag und wir fuhren abends die Strasse runter, wo wir unsere Wäsche in einem dieser Waschsalons wie aus dem Film waschen und trocknen konnten. Ausschliesslich Mexikaner in dieser Wäscherei, und auf Spanisch stand auch geschrieben, man solle weder Schuhe, Pferdedecken noch Teppiche in den Waschmaschinen waschen, darunter stand es in kleinerer Schrift auch noch auf Englisch. Da drehte also unsere Wäsche in der mit Quarters gefütterten Maschine, wir sitzen auf dem Bänkli und lesen ein Buch, Wifi ist mal wieder nicht...

 

Es ist Montag, und ich gehe an der Rezeption vorbei. Ist mein DHL Umschlag angekommen? Der Rezeptionist sagt nein, doch dann kommt ein anderer Herr um die Ecke, stellt sich als Manager vor und sagt, sie würden hier aus Prinzip keine Sendungen von Gästen annehmen, könne ja jeder irgendwas schicken. Er erinnere sich aber an meinen Namen, der hätte so komisch getönt, und so erinnere er sich auch, dass er den Umschlag am Freitag refüsiert habe. Mir fiel der Kiefer runter, wie bitte? Ich hatte doch in der Buchung ausdrücklich erwähnt, dass ich diese wichtige Sendung aus der Schweiz erwarte, da seien Reiseunterlagen drin, die ich für die Weiterreise benötige, ja ich hätte ja sogar noch zusätzlich ein E-Mail gesandt, um nochmals darauf hinzuweisen und da wäre es ja das Minimum gewesen, dass sie mir eine Antwort senden, wenn sie schon keine Sendungen entgegennehmen wollen. Er schaute mich kurz an, ich merkte, dass er so einen Fall wohl noch nie hatte, vielleicht begriff er auch, dass er einen Fehler gemacht hatte, aber sich entschuldigen oder Hilfe anzubieten, kam ihm nicht in den Sinn. Er meinte nur, da ich ja nun da sei, könne ich DHL nochmals anrufen, wenn die dann den Umschlag bringen würden, dann würde er mich im Zimmer anrufen, ausnahmsweise. Unnötig zu sagen, dass ich innerlich vor Wut raste, so ein Idiot... Doch das nun Murphys Law zuschlagen würde war mir in diesem Augenblick noch nicht klar. Um die Story so kurz wie möglich zu halten: ich verbrachte einen Grossteil der kommenden 4 Tage mit E-Mail schreiben und Telefonieren, mit der sehr kompetenten und hilfsbereiten Swisscard in der Schweiz und der extrem dilettantischen und unfähigen DHL in Amerika. Customer Service auf neuem - unterirdisch schlechtem - Level. 

 

Am Dienstag ziehen wir in ein anderes Motel, diesmal in Monterey, und schon bei der Ankunft, bestätigt der nette Herr und Besitzer des Arbor Inn, dass er mich umgehend informiere, wenn die DHL Lieferung komme. Swisscard konnte nach einigen Schwierigkeiten (ich war als Empfänger dazu nicht berechtigt) noch montags diese neue Adresse DHL kommunizieren. Der Umschlag ist ja schon in der Gegend und gemäss DHL Schweiz müsste er dank der Zeitverschiebung Dienstag oder Mittwoch an die neue Adresse geliefert werden. Heute also kein Umschlag, aber die Neuigkeit von DHL, dass so ein Umschlag ja erst neu etikettiert werden müsse und sowas dauere halt, auch bei einer Express Sendung. Nun, dann hoffen wir auf Mittwoch und erkunden Monterey, ein schönes historisches Städtchen mit einer Fisherman's Wharf, welche wir vom Motel fussläufig erreichen können. Dort genossen wir seit langem mal wieder ein Essen in einem Restaurant und wurden freundlich bedient. Es gab geräucherte Austern mit einem Glas lokalem Wein und danach Fisch und Calmar, wirklich gut zubereitet. Im Schutze der Glaswand um die Terrasse war es angenehm warm und der Blick auf die Segelbote im Hafen sehr schön. Wir genossen den anschliessenden Spaziergang entlang der Küstenpromenade des sympathischen Städtchens und könnten dann auch noch für eine Stunde ins Aquarium, eines der besten an der Westküste. Wenn man einen Eintritt für den kommenden Tag löst, kann man am Vorabend die letzte Stunde schon in die Ausstellung, welche wirklich einen Besuch wert war. So sahen wir auch die süssen Seeotter ganz nah, welche wir vorhin weiter draussen am Pier schon herumschwimmen sahen. Süsse Tiere, wie sie da auf dem Rücken herumpaddeln und ihr Essen auf dem Bauch platzieren. In einem Streichelbecken durften wir auch Bat Rays (Rochen) streicheln, doch den Grossteil der Ausstellung sparen wir uns für den nächsten Tag auf. Mit dem kostenlosen Nostalgie Tram (MST Trolley) ging es entlang der Uferpromenade zurück zur Wharf und von dort zu Fuss ins Motel zurück. Wir machten uns kurz frisch und spazierten dann noch ca. 20 Minuten durch diese Motel- und Wohngegend bis zu einer grösseren Mall, wo wir uns in einem Kino einen Film anschauen wollten. Der Film war gut, aber das Kinoerlebnis unterschied sich auch nicht von dem in der Schweiz, mit der Ausnahme, dass ich nur durch Betteln mit meinem kleinen Taschenrucksack ins Gebäude gelassen wurde. Man darf nur mit kleiner Handtasche ins Kino, andere Länder, andere Sitten. Der Kinoeintritt war billiger als bei uns, aber die Portion Popcorn genauso, wenn nicht sogar teurer.

 

Es ist Mittwoch, DHL Status: ja die Lieferung sei für morgen Donnerstag vorgesehen, ja ins richtige Hotel und normalerweise werde in dieser Gegend im Verlaufe des Nachmittags ausgeliefert. Ja ganz sicher würde ich diese Lieferung morgen erhalten. Somit verlängern wir den Aufenthalt im Motel um eine weitere Nacht und obwohl der lange Aufenthalt in Unterkünften auch mit Spezialpreisen unser Budget langsam in Schieflage bringt, denken wir, gibt es schlimmere Orte als Monterey um noch einen weiteren Tag zu verbringen, die Küste ist schön, das Wetter ebenso und ausserdem können wir hier endlich mal wieder alles an den Strom hängen und Wifi nutzen. Zugang zu Wifi ist hier in den USA ja eher selten, Mobile Empfang ebenfalls. Die Netzabdeckung ist wie ein Schweizer Käse, viele Löcher und wenn, dann Käse. Wir besuchen das Aquarium erneut und verbringen längere Zeit dort, denn die Ausstellungen waren wirklich interessant, ausserdem gab es in einer Aula auch Vorträge. Wir schauten den grossen Fischen wie Sunfisch und Tuna zu, wie sie im riesigen Rundbecken ihre Runden drehten, doch am faszinierendsten ist die Ausstellung über die Tiefsee und die Cephalopoden. In der Tiefseeausstellung erfahren wir auch, dass die Küste vor Monterey in einen Tiefseegraben hinausführt und daher dem Aquarium ein Forschungszentrum angeschlossen ist, welches nach wie vor Neuentdeckungen macht. Das Bewundern diverser Quallen war eher meditativer Art, wie sie sich langsam im Wasser bewegten, erinnerte das Becken an eine riesige Lavalampe. Aber auch die kleinen, wie schwimmende, blinkende Neon Lämpchen anmutende Sea Gooseberries waren faszinierend. In der Ausstellung über die Cephalopoden ging es um Nautilus, Sepia, Kalmare und Tintenfische. Obwohl all diese Tiere mit Schnecken verwandt sind, ist jede Art für sich hochspezialisiert, teilweise sehr intelligent und unglaublich facettenreich. So kommunizieren Tintenfische indem sie ähnlich wie Chamäleon, Farbe und Form verändern, jedoch viel gekonnter als jedes Chamäleon.  

 

Donnerstag, grosser Tag, heute sollte der Umschlag von DHL ankommen. Wir machen einen Ausflug nach Carmel und flanieren dem berühmten Strand und Küstenabschnitt entlang, beobachten Seelöwen und Seeotter (leider nur mit dem Feldstecher gut zu erkennen) und geniessen ein Bänkli oberhalb der Küste, wo wir mit halbgeschlossenen Augen einen Schwarm Pelikane bewundern und beobachten, wie ein grosser Greifvogel von zwei kleinen Vögelchen angegriffen und vertrieben wird, vermutlich beschützen die kleinen Vögel ihr Nest in den Dünen. Carmel ist als Ort nichts Spezielles, erinnert aber an einen offenen "schöner Wohnen" bzw. Immobilien Katalog. Wirklich schöne Anwesen, dabei eine entspannte Understatement Atmosphäre. Was fehlt ist jedoch ein oder mehrere Cafés und auffällig ist die Abwesendheit jeglicher Gartenterrassen. Vielleicht hat das ja auch mit dem Wetter und dem Carmel Mantel zu tun, dem Kashmir Mantel, der nicht wegen seiner Caramel Farbe so heisst, sondern hier entstanden ist, um die Damen von Stand vor dem kalten Wind des Pazifik zu schützen. Es ist Hochsommer, aber keine 16°C und die Leute flanieren trotzdem am Strand, aber eben gut eingepackt. Die Steppjacke schein den Carmel Mantel jedoch langsam abzulösen.

 

Zurück im Motel, kein DHL Umschlag. Und nun beginnen 24 echt mühsame Stunden. Wenn man sich mit dem DHL Computer mit Menschenstimme fertig herumgeärgert hat, kann man Musik hören und dann endlich den absoluten Stuss einer sogenannten Customer Service Nudel über sich ergehen lassen, welche von Customer Service noch nie etwas gehört hat und nur ein einziges Ziel vor Augen hat, einem so rasch wie möglich und so zuckersüss wie möglich abzuwimmeln. Natürlich nimmt sich keiner dem Problem an, und es wird einem ein Bär nach dem anderen aufgebunden. Auch im Online Chat wird mir freundlich ins Gesicht gelogen. Es scheint keiner eine Ahnung zu haben, warum der Umschlag nicht ausgeliefert wurde, auch nicht wo dieser denn nun abgeblieben ist, Versprechungen der Sache auf den Grund zu gehen und sich umgehend wieder zu melden, verebben. Mir wird bald klar, das ich meinen Umschlag so nicht mehr erhalte. Inzwischen ist Freitagmorgen, Abreisetag, und ein Supervisor (da musste ich schon sehr ungemütlich werden, den mal an die Strippe zu bekommen) erzählte mir dann zum ersten Mal von der Möglichkeit das Paket persönlich in einem Pick-up Center der DHL abzuholen und nein, in Freemont gäbe es keine solche Stelle. Warum beim online Tracking immer die Zentrale Freemont genannt werde, wurde so beantwortet, dass die beiden Sachen miteinander nichts zu tun hätten, aber er veranlassen könne, dass ich das Paket noch heute Freitag in San Francisco Downtown abholen könne. Nun gut, das wäre ja nicht schlecht, er gab mir die genaue Adresse und versprach mir innerhalb der kommenden Stunde noch eine Bestätigung auf meine E-Mail zu senden. Klang ja ganz gut, da wir für die Umprogrammierung und Registrierung unseres neuen PLB ebenfalls nach San Francisco Downtown mussten, doch ich traute der Sache nicht mehr. Leider wurde ich wiederum bestätigt, denn anstelle einer Bestätigung kam kurz vor dem Check-out eine E-Mail von irgend einem angeblichen Shipping Expert, welcher mir versprach sich der Sache anzunehmen und mich Anfang kommender Woche zu informieren, wo mein Umschlag denn abgeblieben sei. Informieren wo der sei? Spinnen die denn jetzt total? Da weiss offenbar die linke Hand nicht was die rechte macht und ich dachte ernsthaft daran, Swisscard zu informieren, dass sie die neue Karte als "lost in transition" sperren sollen und wir das Ganze irgendwann in der Zukunft lösen und ich derweil meine Reservekarte nutze.

 

Doch Markus insistierte nach unserem sehr positiven Erlebnis in einem kleinen Marina Shop, wo unser PLB professionell und unkompliziert umprogrammiert werden konnte, doch bei DHL in San Francisco Downtown vorbei zu schauen. Und schau einer an, hier treffe ich nicht nur 3 weitere unglückliche Kunden von DHL mit ähnlichen Erlebnissen, nein, auch endlich den einzigen brauchbaren Mitarbeiter des Vereins. Der Filialleiter bedient mich persönlich und bestätigt, dass hier leider nichts für mich zur Abholung bereit liege, doch als ich ihm die Situation schildere, bittet er mich, doch mal kurz Platz zu nehmen, er mache mal ein paar Telefonate. Rund 25 Minuten später, ich dachte schon er hat mich vergessen, kommt er wieder und meint, es sei nicht einfach gewesen meinen Umschlag zu lokalisieren, da offensichtlich im System verschiedene Daten eingegeben seien, irgendwo stecke der Wurm drin, aber nun könne er mir bestätigen, dass wir den Umschlag in Freemont abholen könnten. Er hätte mit der Filialleiterin dort gesprochen, diese wiederum mit dem zuständigen Fahrer und sie könne bestätigen, dass sie den Umschlag heute später Nachmittag aus einer anderen Zentrale erhalten werde, ich solle direkt nach ihr fragen. Ich danke dem netten Herrn, der mir auch die genaue Adresse in Freemont angeben konnte. Aha - also doch Freemont, wo es laut Supervisor des Customer Service keine Abholstelle gibt.

 

3 Stunden Autofahrt von Monterey nach San Francisco, wobei wir in Freemont vorbeikamen und die gelben Wägelchen der DHL (jetzt weiss ich warum man in einem Atemzug von gelben Wägelchen und Irren spricht) dort von der Autobahn aus sahen. Dann wieder 2 Stunden von San Francisco zurück nach Freemont und wow - ich traute weder meinen Augen noch Ohren, ja die hatten nicht nur eine Abholstelle, sondern auch eine Filialleiterin, welche mir den Umschlag übergeben konnte. Was für eine Geschichte. Ich habe sowohl Swisscard, als auch die Hauptzentrale der DHL USA sowie Motel 6 über mein Kundenerlebnis schriftlich informiert, mit der Bitte um Stellungname. Unnötig zu erwähnen, dass sich weder Motel 6 noch DHL jemals gemeldet haben, ach ja, und der sogenannte Experte der DHL der wohl heute noch meinen Umschlag sucht, hat sich auch nicht mehr gemeldet. Dafür kam ein echt sympathisches Mail von Swisscard, welches mich informierte, dass sie diese Erfahrung in zukünftige Überlegungen betreffend Zustellung von Expresssendungen miteinschliessen werden. Mit Umschlag und notabene meiner neuen Kreditkarte in den Händen fuhren wir dann wieder 2 Stunden zurück nach San Francisco und ein zweites Mal heute über die Bay Bridge, von welcher man einen guten Blick auf die Hügel von San Francisco und die dahinterliegende Golden Gate Bridge hat.

 

Im Abendlicht fahren wir durch die Strassen von San Francisco, steil hoch und steil runter, links und rechts die schönen, klassischen Holzhäuser, mit ihren gusseisernen Treppengeländern und gerader Bauweise auf schiefem Fundament. Der Nebel drückt vom Pazifik über die Hügel und gibt dem ganzen Anblick etwas sehr Eigenes. Im goldenen Abendlicht liegt die Golden Gate Bridge vor uns und wir queren diese (notabene ohne Maut, wenn man in nördlicher Richtung unterwegs ist). Gleich nach der Brücke ist der Hotspot für Overlander, ein Aussichtspunkt und eine offizielle Raststätte. Hinter dem Toilettenblock parkten bereits eine gute Auswahl anderer Camper, vom Kleinstwohnwagen bis zum riesigen RV war alles vertreten, und wir stellten uns dazwischen. Vor dem Toilettenblock fuhren eben die letzten Touristenbusse ab, doch uns blieb die schöne Abendstimmung mit Blick über die Bucht von San Francisco, mit Bay Bridge, Hügeln und Golden Gate. Eine 5 Sterne Lage - gratis, legal und sicher. Die Eindrücke der Woche und der lange, nervenaufreibende Tag fordern ihren Tribut und wir fallen kurz nach dem letzten Foto der im Schein unzähliger Lampen funkelnden Bucht in tiefen Schlaf.