Sun Peninsula Nicoya - pura vida

Vom Hochland geht es diesmal runter an die Küste nach Puntarenas am Pazifik. Von dort nehmen wir die Autofähre nach Paquera auf der Halbinsel Nicoya. Eine angenehme Überfahrt mit herrlichem Blick auf die Küste dieser Halbinsel, welche im Norden mit dem Festland verbunden ist. Diese Halbinsel ist im Norden beliebt bei Pauschaltouristen, mehrheitlich aus Nordamerika, unten an der Südspitze geht es aber ruhiger zu und her. Von der asphaltierten Küstenstrasse biegen wir bei Cobano auf die Erdstrasse nach Montezuma, einem kleinen Örtchen mit begrenzter Infrastruktur, welches sich aber noch den Charakter des Aussteigerdörfchens, Kommune alternativen Lebens, bewahren konnte. Wir haben eine Unterkunft, ein nettes Bungalow auf dem Gelände eines italienischen Paares gemietet, ausserhalb von Montezuma in den umliegenden Hügeln. Blanconejo, heisst es dort, nette Anlage mit Pool und openair Sportfläche hinten am Waldrand, wo es gelegentlich auch Yogakurse geben soll. Jeannine und ich werden hellhörig, aber leider findet in den kommenden Tagen kein Kurs statt. Dafür begrüssen uns lautstarke Nachbarn, hoch oben im Baum lebt eine Familie Brüllaffen und wenn die Tiere ihr Organ nutzen, kann man das kilometerweit hören. Während wir im Garten unser selbst gekochtes Essen geniessen, bekommen wir allerhand zu sehen, Eichhörnchen hüpfen von Ast zu Ast, ein Specht klopft unerschöpflich, Leguane huschen durchs Gebüsch, eine grosse Kröte besucht uns und verschwindet, genau wie die Schlange, wieder hinter der Hausmauer. Auch ein Aguti (eine Art überdimensioniertes Meerschweinchen) lässt sich kurz blicken. Angeblich sollen die Schauspieler River und Joaquin Phoenix während Ihrer Jugendjahre in unserem Bungalow (welches aber zwischenzeitlich renoviert wurde) gewohnt haben. Wer da auch immer gelebt haben mag, uns gefällt die Unterkunft.

 

Am kommenden Tag erkunden wir den Strand von Montezuma, kilometerlange weisse Pracht. Es beginnt mit dem kleinen Ortsstrand südlich der Ortschaft, von dort bringt einem ein rund stündiger Spaziergang entlang der Küste und durch den unbebauten Küstenwald zur nächsten Bucht, der Playa Grande, folgt man diesem Strand weiter, erreicht man nach rund 2 Stunden einen Wasserfall. Soweit gehen wir nicht, es ist sehr heiss und ausserdem haben wir unseren Traumstrand am Pazifik gefunden. Pura Vida, wie der Slogan von Costa Rica verspricht. Das Wasser ist kälter als in der Karibik, aber noch immer angenehm warm und gleichzeitig eine erfreuliche Erfrischung in der Wärme. Die Wellen sind einfach perfekt, hoch genug um Spass zu haben, aber nicht zu hoch um gefährlich zu sein und wir geniessen das Spiel in den Wellen. Ich lerne sogar Wellen zu untertauchen, etwas, was ich bisher nie geschafft habe, und bin froh, dass ich dies hier ohne gefährliche Strömung üben kann. Etwas erschöpft von dieser Wassergymnastik der anderen Art legen wir uns an den Strand und geniessen den perfekten Blick auf den Naturstrand, halb dösend im Schatten der Palmen. Hinter uns der Urwald, mit Leguanen, welche die Bäume hochklettern und Affen die im Geäst lärmen. Über dem Meer fliegen einige Pelikane und Einsiedlerkrebse gucken aus ihren temporär bewohnten Schneckengehäusen. Irgendwie hätte ich Lust Surfen zu lernen, oder es zumindest auszuprobieren, aber ohne Zuschauer bitte. Aus einem Augenwinkel beobachte ich, wie eine grosse Welle zwei etwas weiter entfernte Badenixen quasi überspült, sie haben nix verloren und ihre Wertsachen noch rechtzeitig hochhalten können, aber ihre Kleider und Badetücher sind pitsch nass. Sie legen sich weiter oben an den Strand und die Tücher zum Trocknen über eine umgekippte Palme. Nicht viel später fällt uns auf, dass nun die Wellen auch bis zu dieser Palme reichen und so entschliessen wir uns den Rückweg anzutreten, denn unser Weg führt über den Strand zurück und die Flut kommt merklich höher. Wieder am Ortstrand und rund 20 Minuten vom Ort entfernt sehen wir eine einladende, schöne Hotelterrasse. Wir denken uns, in Badehose sehen wir alle gleich aus, ziehen uns aber trotzdem unsere Strandsachen über, um auf der Terrasse des eindeutig eleganten Bungalow Resorts einen leckeren Fruchtsaft zu trinken. Als ich die Karte sehe, bestelle ich mir aber ausnahmsweise einen überaus köstlichen Cocktail.

 

Der Service, die Location und die Karte versprechen noch viel mehr und das bei einigermassen zahlbaren Preisen. So entschliessen wir uns, für den kommenden Abend eine Reservation im YlangYlang Beach Resort zu machen, geplant ist ein grossartiges Abendessen zu Viert am Strand. Ich freute mich über die Massen darauf, doch der darauffolgende Tag wollte nicht, dass wir uns diese kleine Extratour leisten. Es war den ganzen Tag über bewölkt und wir genossen die Annehmlichkeiten unseres Bungalows, immer in der Hoffnung, dass es auf den Abend aufklaren und einen traumhaften Sonnenuntergang beim schönen Restaurant geben würde, doch kurz bevor wir uns in Schale schmeissen wollten, begann es zu regnen und hörte auch nicht mehr auf. Nun, die Restaurant Terrasse war ja openair und die wenigen, gedeckten Plätze für Hotelgäste reserviert. Ich war tottraurig, hatte ich mich doch so auf den Abend gefreut. Dass es am kommenden Tag aber noch blöder kommen würde, wussten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht.

 

Der letzte Tag auf Nicoya begann ganz gut. Wir machten mit Susi (unser gemieteter Suzuki) eine Rundfahrt über die angeblich schlechteste Strasse in Costa Rica, welche sich jedoch als eine völlig harmlose Erdstrasse (mit einer einzigen, seichten Wasserquerung via Furt) entpuppte, besuchten die Friedhofsinsel bei Cabuya, welche bei Ebbe zu Fuss zu erreichen ist und fuhren um das Natural Reserve Cabo Blanco herum zur anderen Seite des Kaps nach Playa Santa Teresa. Dort gab es vom Liegestuhl aus Sicht auf Surfer, welche in der starken Brandung (zu stark zum Baden) ihrem Hobby nachgingen, Sonne im Gesicht und einen, später einen zweiten Früchtecocktail in der Hand. So lässt es sich leben. Hätte ja alles so bleiben können, doch wir wollten nochmals irgendwo baden gehen und haben uns dafür einen Strand ausgesucht, welcher auf der ruhigen Seite der Halbinsel liegt, ganz in der Nähe unserer Unterkunft. Eigentlich fanden wir den Strand eher enttäuschend, da er uns mehr an eine Bucht an einem See (inklusive grünem Gasabschnitt) erinnerte, als ans Meer. Die Öffnung zum Meer war klein und so lag die Bucht ruhig vor uns. Es gab einzig eine kleine, ebenfalls an den Bodensee erinnernde Brandungswelle, welche den dunklen Sand allerdings ordentlich aufwühlte. Wir liessen uns weiter draussen im ruhigen Wasser auf dem Rücken treiben, welches dank des Süsswassers, welches durch einen Fluss eingeleitet wird, nicht sehr salzhaltig war. Allerding kam auch hier die Flut wieder zunehmend höher steigend herein und so gingen wir zurück zum Strand. Da passierte es, durch eine dumme Bewegung der Hand schmeisst sich Markus seine schöne, nicht eben billige, auf seine Sehstärke geschliffene Sonnenbrille von der Nase. Sofort tastet er danach, Adi, der neben ihm steht reagiert ebenfalls sofort, doch im aufgewühlten Wasser sehen wir rein gar nichts und mit der nächsten Welle kann sie weiss wo hin gespült worden sein. Wir geben nicht auf und tauchen in der sandigen Brandung, suchen mit Händen und Füssen die Brandungswelle und den Strand ab, aber ohne Erfolg. Wir schlucken recht Wasser und lassen uns oft überspülen, aber irgendwann geben wir auf. Auch als wir am kommenden Tag auf der Rückfahrt zu Fähre nochmals kurz den Strand bei Ebbe absuchen, kommt die Brille nicht mehr hervor. Tja, mal schauen ob wir dafür in irgend einer Form versichert sind, auf alle Fälle braucht Markus in Amerika als erstes wieder eine geschliffene Sonnenbrille zum Autofahren und überhaupt, ob er aber wieder ein Modell findet, welches ihm so gut gefällt und steht, ist dahingestellt. Betrüpelt fahren wir zurück ins Bungalow und als wäre das nicht genug, gibt es unter der Dusche nochmals eine Überraschung. Ich spülte den Sand runter und die Badehose aus. Plötzlich entdecke ich ein etwa 4cm kleiner Fisch der da im Seifenwasser zappelt. Der Fisch sah irgendwie eher wie ein Wurm aus, definitiv nicht appetitlich und ich packte ihn und brachte ihn raus auf die Terrasse, wo die anderen beim Bier sassen. Sieht aus wie ein Penisfisch, und ein erster Blick ins Internet bestätigte dann auch, das Ding sieht wirklich wie ein Penisfisch aus. Das Ding wird auch Harnröhrenwels genannt und so galt unsere sofortige Recherche der Frage, ob dieser auch Frauen befällt, worauf die eher unangenehme Antwort auftauchte, dass dieser Fisch tatsächlich den Unterschied nicht kennt und alle Harnhören hochschwimmt. Dort bleibt das Ding dann stecken, weil es durch kleine Widerhaken nicht wieder umkehren kann. Jetzt wurde es mir wirklich unheimlich, leben die Fische doch im Brackwasser des Orinoko und Amazonas und dessen Mündung. Inzwischen jedoch hat Jeannine die eindeutige Verbreitung des Fisches recherchiert, den gibt es eindeutig nur dort und zum Glück münden diese Flüsse ausschliesslich in den Atlantik und nicht in den Pazifik. So konnte ich beruhigt mein Panache mixen und mich erleichtert ebenfalls in den Stuhl auf der Terrasse fallen lassen. Was für ein Tag.

 

Am nächsten Morgen sah die Welt (trotz Verlust der Sonnenbrille) wieder besser aus, wir fuhren zurück zur Fähre und genossen die Überfahrt zum Festland. Die Sonne schien uns ins Gesicht und ins Gemüt. Nun geht die Reise weiter nach Jaco an der Pazifikküste.