Wunderschöne Salar und Schlammschlacht

Der Camping Hund hat uns natürlich mal wieder das Vorderrad markiert, aber das kennen wir ja schon und sauber ist Bobilchen ja schon länger nicht mehr. Von der Pampa del Tamarugal geht die Fahrt Richtung Pica, einer touristischen, aber nicht überlaufenen Oasenstadt am Rande der Pre-Kordillere. Blumengeschmückte Gärten, eine schöne, schattige Plaza, Obstgärten, kleine Kaffees und frisch geprässte Fruchtsäfte. Verkaufsstände mit frischem Obst und die angeblich besten Zitronen für den Pisco Sour. Ganz in der Nähe ein natürlicher Pool mit Höhlen, in welche man hineinschwimmen kann, doch die lassen wir links liegen, denn es ist noch Hauptsaison und die Pools beliebtes Ausflugsziel ab Iquique. Unser Ziel heisst Salar de Huasco, einer der schönsten Salzseen in Nordchile. Die Strasse führt steil bergan und teilweise ist der Asphalt von Sand über weht, so dass man glaubt auf einer Sandpiste zu fahren. Bei ca. 3500MüM wird aus der Dünen geprägten Sandwüste langsam Steinwüste mit leichtem Bewuchs und hier hingen auch einige Wolken. Der Asphalt endet, die Strasse ist aber gut zu befahren und nur teilweise mit Wellblechcharakter. Auf 4200 Meter ist der höchste Punkt der Pre-Kordillere erreicht und wir bewegen uns hinunter zum Salar de Huasco, welcher wunderschön eingebettet liegt in der Hochebene zwischen der Pre-Kordillere und der Anden-Kordillere mit ihren schneebedeckten Hochbergen.  Wir finden unterhalb der Strasse in einer aufgeschütteten Kiesgrube ein prima Plätzchen mit wunderbarer Sicht auf die Andenkette und die Salar, welche im Licht in unterschiedlichen Farben glänzt und erstaunlich viel Wasser aufweist. Hier treffen wir auch auf zwei Deutsche, welche seit 1999 diese Gegend immer wieder bereisen. Hans weiss viel zu erzählen und seine Frau serviert Kaffee. Er hat ein enormes Wissen über die Gegend, die Minen, die Radioteleskope etc. Nach dem lehrreichen Kaffeeplausch fahren sie weiter, wir nächtigen auf 3900MüM und geniessen mal wieder ein unglaubliches Sternenmeer.

 

Wohl wissend, dass das Gut-Wetter Fenster nur noch wenige Tage anhält, bevor Dauerregen gemeldet ist, wollen wir auf direktem Weg via Colchane zum Salar de Surie und dann weiter der bolivianischen Grenze entlang in den äussersten Norden Chiles nach Putre. In dieser Gegend regnet es wiederum häufiger und der Bolivianische Winter ist klar spürbar, auch haben wir gehört, dass einige der Brücken bei den letzten Regenfällen weggerissen wurden. Daher stellen wir uns auf keine einfache Fahrt und einige Umwege ein, doch dass wir noch nicht mal bis Colchane kommen, war uns zu dem Zeitpunkt noch nicht klar.

 

Am Morgen geht uns als erstes die Halterung für den 20L Wasseraussentank kaputt, bzw. entdeckt Markus dass das Metall durchgebrochen war und so müssen wir uns später vom eh schon sehr in Mittleidenschaft gezogenen Wassertank und der Halterung trennen. Doofe Sache, denn auch der 5L Campingbehälter fiel bereits Brauchschäden zum Opfer und so haben wir jetzt gar keinen Tank mehr mit Ausgusshahn, sondern nur noch einen 10L Kanister mit Brauchwasser. Aber weiter nördlich müssen wir auch fürs Kochen auf Trinkwasser umstellen, und dann brauchen wir das Brauchwasser nur noch zum Abwaschen und Waschen und müssen uns halt mit der guten alten Faltschüssel behelfen. So ist das halt. Dafür hatten wir eine schöne Morgenstimmung an der Salar de Huasco, mit ihren Flamingo Kolonien, Puna Ibisen und Anden Gänsen, sowie Lamas mit ihren Jungen, welche im grünen Uferbereich weideten. Dahinter das Bergpanorama, welches sich in der Lagune spiegelte.

 

Eine neu angelegte Touristenroute namens Ruta Altiplanica, führt teils bereits asphaltiert von Ollagüe via Salar de Coposa, Salar de Huasco und Salar de Surie nach Las Cuevas an der Ruta 11, der Hauptverbindungsstrasse von Arica in Chile nach La Paz in Bolivien. Wir folgten dieser Strasse eine ganze Weile und stellten fest, dass sie sich immer weiter in die hohen Berge hinaufwand. Hans hatte uns am Vortag erzählt, dass die alte Strasse über einen Pass von 5200 Metern Höhe führte, und wie es scheint, folgt diese neue Strasse der alten. Auf 4650 Meter das übliche Höhenproblem mit Bobilchen und so entschlossen wir uns umzudrehen, nicht ohne vorher noch ein Picknick zu geniessen mit grossartiger Sicht in die wunderschönen Berge, schneebedeckten 6000-er und auf die Ebene in welcher die Salar liegt. Wir machen sogar den Sonnengruss, doch Markus bekommt bald blaue Lippen und beginnt zu frieren und so fahren wir wieder hinunter in die wunderbare Landschaft der Hochebene. Dort wollen wir die nicht so gut ausgebaute Alternativstrasse nehmen, welche weiter unten wieder mit der Hauptstrasse zur Salar de Surire zusammenführt.

 

Erst führt die A-555 über die Hochebene und dann in ein schönes Tal mit grünem Talboden und vielen Tieren, Vicunas, aber auch mit bunten Bommeln geschmückte Lamas und Esel. Dann führte die zunehmend schmalere Erdstrasse entlang einer langgezogenen Bergflanke, mit Blick über tausend kleine, hügelartige, mit grünen Büschen überwachsene Berge, soweit das Auge reicht. Eine komplett neue Szenerie, wir wechseln von der totalen in die Halbwüste. Hier gibt es Wasser aber auch Wolken. Irgendwie sieht das sehr beeindruckend aus, wie sich die Wolken in den Hügeln verfangen, schon fast mystisch. Auch eine Möwe, die angeblich hier brütet und täglich zur Küste fliegt, um Futter zu holen, haben wir gesehen. Ein ungewöhnlicher Anblick, so weit vom Ozean entfernt.

 

Dann kommt eine breitere Stelle im zunehmend engeren Tal und das erste Schlammloch. Ich habe das Vergnügen die Tiefe und Festigkeit des Untergrundes zu testen, dann beraten wir und entscheiden uns für eine Durchfahrt, schnell, um nicht stecken zu bleiben, aber langsam genug, um nicht ins Schleudern zu geraten, schliesslich war die Strasse zwar gerade, aber der Abhang daneben steil. Nach der Durchfahrt ist Bobilchen ein echtes Dreckmörchen, Markus muss sogar den Scheibenwischer einstellen, damit wir wieder raussehen. Diese Durchfahrt ist aber erst der Anfang, was dann folgt ist eine echte 4x4 Strecke, wir wenden alles an, was wir im Kurs gelernt haben, Ablaufen der Hindernisse, Schritttempo, Weg Besprechung, wir nutzen die Sandbleche, Bergungschaufel, räumen Steine weg oder häufen sie in einem Loch an (und das auf über 3000 MüM - ganz schön anstrengend), brauchen Diff-Lock und Untersetzung. Der Weg wird noch schmaler, und ist stark ausgewaschen, wir queren ein sandiges Flussbett und kommen zu Stellen, wo der Weg teils verschüttet, teils weggerissen ist. Irgendwann Stunden später und über 50km in die Strecke hinein, scheint der Weg etwas breiter zu werden und wir hoffen schon darauf, dass nun bald die Abzweigung in die grössere Strasse folgt, doch hinter der nächsten Kurve stehen wir vor einer komplett weggerissenen bzw. von grossen Felsbrocken versperrten Fahrbahn. Bei dem Felssturz war kein Durchkommen mehr und auch kein Umfahren möglich. Zum Glück war dort die Strasse etwas breiter und wies sogar sowas wie ein kleiner Kehrplatz auf. So drehten wir dort um und mussten wiederum die ganze Strecke mit all ihren Hindernissen zurückfahren.

 

Nach dreiviertel der Strecke kamen wir  zu einer vorher ignorierten Abzweigung, und setzten nun all unsere Hoffnung auf die A-639, der Wegweiser sah vielversprechend aus. Wenn die Strasse durchgehend ist, führt sie ebenfalls in eine grössere Verbindungsstrasse, allerdings zurück in die Ebene in welcher die PanAm verläuft, von wo dann der Abzweiger hoch zur Salar de Surie führt. Wir folgen der Strasse für rund 10km und der Zustand der Strasse war vielversprechend. Leider jedoch versperrte uns dann ein Schlammpool den Weg, dahinter wäre ein Bachbett zu queren gewesen, doch um den Schlammpool führte kein Weg herum, zu Fuss ja, aber nicht mit dem Auto, denn im Bachbett lagen riesige Felsbrocken und grosse Steine, dazwischen wuchsen Büsche und Bäume. Tja, ich musste nicht mal testen wie die Bodenbeschaffenheit dieses Schlammpools war, ein Wurf mit einem Stein zeigte wie tief das Loch war, zudem zu breit und zu lang. Da hätte es nur eine Fahrt hinein, aber keine mehr  heraus gegeben. Vollprofis mit Seilwinde hätten es vielleicht probiert oder eine Lösung gekannt, wir jedoch drehten um. Nun hiess es den ganzen Weg zurück, zur Salar de Huasco und dann ins Tal bis nach Pozo Almente. Wir versuchen noch ein Stück zurück zu fahren, um die gröbsten Hindernisse hinter uns zu haben, denn die Wolken zogen zu und was Regen mit diesem Strassenstück machen würde, wollten wir nicht wissen. Zum Glück waren wir aber mit Bobilchen unterwegs und so kann man sich ja an jeder halbwegs geeigneten Stelle zum Schlafen hinstellen. Kurz vor dem Sonnenuntergang beglückte uns noch ein Viscacha und liess sich fotografieren, ehe es ganz seiner zoologischen Bezeichnung entsprechend (Hasenmäuse, bis 8 Kilogramm schwer) davonhüpfte.

 

Bobilchen hat uns bei unserem Abenteuer grossartig unterstützt, aber auch wir waren total erledigt und sind schnell eingeschlafen. Nach einer sehr guten Nacht folgte die Rückfahrt zum Ausgangspunkt, nicht ohne, dass uns die Gegend noch mit wunderschönen Eindrücken belohnt hätte: Vicunas, Nandus, ein Kondor, bunt geschmückte Lamas mit schnusigen Jungtieren, Esel mit verspielten Kleintieren in einem schönen Tal, welches aus der abenteuerlichen Schlucht heraus Richtung Lirma (nicht mehr als ein paar Häuser) führte, vorbei an Hochmoren, und Schneebergen am Horizont. Sogar zwei kleine grüne Papageien kreuzen im Fluge unseren Weg.

 

Es gefällt uns sehr gut hier, aber wir sind nun von drei Seiten abgeschnitten, über den Pass geht nicht, weil zu hoch und die zwei anderen Strassen sind nicht passierbar. Also von über 4000 auf rund 1000 Meter runter. Interessanterweise ist man sich der Druckunterschiede gar nicht so bewusst, bis zu dem Moment wo man sie visuell war nehmen kann, zum Beispiel, wenn einem beim Öffnen des Roll-on Deos der Deoballl ins Gesicht springt, oder die Petflasche aus welcher man eben noch getrunken hat bauchig oder zerknittert wird, beziehungsweise die Zahnpasta zu schnell aus der Tube schiesst. Auch die Tankanzeige zeigt Ungewöhnliches an und es dauert jeweils länger bis sie sich wieder normalisiert, entweder ist der Stand übervoll, obwohl man schon einige Zeit unterwegs ist, oder wieder weiter unten plötzlich halbleer.

 

In Pozo Almonte angekommen, nehmen wir einen Kaffee und ein Eis in der supermodernen (Toiletten wie in einem Luxushotel) und erst kürzlich eröffneten Copec Tankstelle, checken den Wetter- und Strassenbericht und fällen eine Entscheidung. Wir würden es nicht schaffen, bis zur Salar de Surire zu kommen bevor es anfängt zu regnen, und die Strassen in der Umgebung sind schon vom letzten Regen vor ein paar Wochen arg in Mitleidenschaft gezogen worden. So macht das wenig Sinn und wäre auch nicht schön. Somit heisst unser neues Ziel Arica. Dort wollen wir Bobilchen gründlich waschen lassen und uns auf den Grenzübertritt nach Peru vorbereiten.