San Pedro und Umgebung

Wir waren auf der Passstrasse unterwegs zum Paso de Sico. Nicht, dass wir nach Argentinien wollen, aber wir haben die Lagunen Meniques und Miscanti besucht, die Salar de Talar und die Laguna Tuyajto. Allesamt gleichermassen eindrucksvoll. Die grünblau schimmernden Lagunen, oder in diesem Falle kleine Seen mit weissem Salzrand, werden von prächtigen, schneebedeckten Bergen umrandet. Der Cerro Miscanti (5600m) und Cerro Meniques (5900m) sind Namens Geber der Lagunen, welche in einer reich blühenden Umgebung stehen. Kleinste Mose, Grassbüschel und Miniblümchen zieren die Umgebung. Leider sind aber auch die Touristen, welche mit Tourbussen hergebracht werden, zahlreich. An der schönen Salar de Talar verteilt es sich besser und wir können in der Ferne Flamingos sehen. Vicunas grasen in der Nähe und lassen sich nicht wirklich beeindrucken von den schwarzen Wolken und Gewitterstimmung mit Blitz und Donner über dem Pass. An der Laguna Tuyajto wollen wir eigentlich Mittag essen, aber es beginnt zu regnen und so essen wir im Faradayschen Käfig unseres Bobilchens, beobachten die Gewitterstimmung und fahren dann im Verlaufe des Nachmittags Richtung San Pedro de Atacama. Auch hier Wolken, aber nicht so dicht und vor allem regnet es nicht.  

 

Etwa 10km ausserhalb der von Touristen total überquellenden Ortschaft, direkt an der Salzwüste hat ein Chilene seine Lebensabendresidenz gebaut. Ein Tambo wie er erklärt, Tambo sei in der Sprache der Inka eine Raststätte, wo man sich zwischen langen Distanzen erholen könne. Andes Nomads heisst das Camp und Mauricio hat bereits eine schöne Gemeinschaftsküche mit Aufenthaltsraum gebaut, sowie ein Pool den er wie Sisifus persönlich stetig vom Sand zu befreien versucht, Waschmaschine, Duschen und WC Anlagen, alles sauber aber nicht blitzblank und auch nicht vollständig fertig, da er alles zusammen mit gelegentlichen Volontärs selbst baut. Der Ort ist eine Oase der Ruhe und wir finden ein schönes Stellplätzchen unter einem der wenigen Bäume die dem lebensfeindlichen Umfeld der Salzwüste trotzen. Wir geniessen ein Valentinsdinner mit Safari Feeling und einer Flasche Wein unterm Baum.

 

Am kommenden Tag mache ich Wäsche, welche im trockenen Wüstenwind schnell trocknet, versende ein paar WhatsApp Nachrichten, sofern die Leitung grad halbwegs stabil ist und erhalte dann auch die Nachricht von Sonja und Beno, dass sie in San Pedro eingekauft hätten und nun auf dem Weg ins Camp seien. Wir plauderten viel, tauschten uns aus und genossen den Nachmittag im Schatten des Baumes. Gegen Abend marinierte Sonja das exzellente Stück Fleisch, machte Hörnlisalat und ich bastelte meine Gemüsepäckli für den Grill. Die Herren schauten nach Kohle und Fleisch. Wir trugen aus beiden Wagen zusammen was wir hatten, Sonja und Beno waren aber eindeutig besser ausgestattet und kredenzten nicht nur eine Flasche Wein zum Essen sondern auch Pisco Sour frisch gemixt zum Apero. Leckeres Essen und einen schönen Abend unter freiem Himmel in der Wüste Atacama.

 

Am kommenden Tag fuhren wir Richtung Paso de Jama, der Pass an sich ist nur 4200 Meter hoch, aber die Strasse fährt fast senkrecht von San Pedro auf 4600 Meter hoch, wo sich auch der Abzweiger nach Bolivien befindet. Passkontrolle muss in San Pedro erledigt werden, oben gibt es lediglich einen Polizeiposten. Von dort führt die Strecke über spektakuläre Altiplano Ebenen, vorbei an Salzseen und skurrilen geologischen Formationen auf über 4800MüM. Zur Linken erhebt sich der fast 6000 Meter hohe Vulkan Licanabur und zur Rechten wurde 2013 auf 5000MüM die grösste Radioteleskop Anlage der Welt eingeweiht ALMA, welche jedoch nicht besichtigt werden kann. Paralell dazu entsteht unterhalb, aber von der Strasse nicht einsehbar, auf 2900 MüM ein NASA Forschungszentrum für Mars und Mond Missionen, da die Bedingungen gut für ein Training sind: starke Strahlung, extreme Temperaturen, niedrige Luftfeuchtigkeit und heftige Winde.

 

Der höchste Punkt der Passstrasse ist mit 4825MüM erreicht, doch dahin schafften wir es nicht. Warum? Bobilchen begann nämlich bei 4400 Metern nach Luft zu schnappen, das uns bereits bekannte Stottern begann wieder, bei 4500 war es deutlich zu vernehmen und der Motor zog kaum mehr, Leistung fast bei null. Im ersten Gang ging es noch bis 4650 Meter hoch, dann wollten wir unserem Fahrzeug keine weitere Belastung mehr zumuten. Die Gefahr, dass der Motor absauft und nicht mehr anspringen will, ist einfach zu gross. In einem Kleinflugzeug gibt es einen Mixer, mit dem verändert man manuell das Gemisch zwischen Treibstoff und Luft, sprich, in der Höhe, wo wenig Luft ist, verringert man die Treibstoffzufuhr um das optimale Gleichgewicht herzustellen. Genau so einen Mixer hätte ich mir für Bobilchen auch gewünscht, aber auch in der Sportfliegerei gibt es ein Limit an Höhe, wo der Motor nicht mehr die gewünschte Leistung bringen kann, um weiter zu steigen. Dieses Limit hat nun auch Bobilchen erreicht. Aber hej, wir fuhren mit Bobilchen höher, als ich je in einer Cessna152 geflogen bin. Und ich konnte einen kleinen Blick auf die, auf bolivianischem Boden liegende Laguna Verde werfen, an welcher ich schon vor 14 Jahren auf meiner Reise durch Bolivien sass.

 

Wir drehten um, fuhren langsam und mit vielen Zwischenstopps, um die Bremsen zu schonen, wieder 2000 Höhenmeter runter nach San Pedro, checkten den Wetterbericht und fuhren weiter Richtung Tatio Geysir. Auf 3500MüM finden wir ein nur vom Geysir herkommend einsehbares Plätzchen oberhalb der Strasse, geniessen den Blick in die angrenzende Andenkette und ein entferntes Gewitter und fällen eine Entscheidung: wir bleiben in Chile, fahren nicht die Laguna Route in Bolivien und erkunden den äusseren Chilenischen Norden solange es das Wetter und die Höhen der jeweiligen Strassen erlauben. Kurzzeitig diskutierten wir, ob wir durch Bolivien und Paraguay zurück nach Montevideo fahren sollten, von dort verschiffen und selbst per Flugzeug und mit Rucksack nach Kolumbien, Panama und Costa Rica reisen, doch diese Idee verwarfen wir. 1. liegt derzeit auf der Salar de Uyuni in Bolivien teilweise bis 1.5 Meter Wasser (!!!) und durch die Regenfälle ist die Laguna Route stark aufgeweicht. 2. die Laguna Route führt über Pässe von 5200 Metern und dafür müssten wir unser Bobilchen beim Motorenspezi in Antofagasta tunen lassen (Turbo und Mixer einbauen lassen) 3. es ist die Zeit des Bolivianischen Winters, welcher von Januar bis März für Unwetter und Strassenschäden sorgt.

 

Wie wir übrigens im Austausch mit anderen Reisenden erfahren haben, schaffen alte VW Büssli zwar die Pässe, aber im Schritttempo und einer der beiden Reisenden läuft neben zu mit. Ausserdem haben diese VW Büssli eben solche Mixer eingebaut, meist nicht mehr als eine Schraube die man dreht (und offensichtlich auch verlieren kann). Andererseits habe wir aber auch von modernen Fahrzeugen gehört, die eine automatische Einspritz/Mix Regulierung haben, doch auch die ist in erster Line dafür gemacht den Treibstoffverbrauch zu optimieren und nicht dafür in solchen Höhen zu fahren, daher kommt es immer mal wieder vor, dass eben diese Automatik versagt und auch moderne Autos in der Höhe stehen bleiben.

 

Wir verbrachten an sich eine Gute Nacht, doch dann ab 4.30 war das erste Auto auf der Strasse zu hören, ab 5 Uhr preschten Fahrzeuge im 3-Minuten Takt vorbei. Wir haben gesehen, dass die Tour zum Geysir (höchstes Geysirfeld der Welt) als Frühstückstour ab San Pedro angeboten wird, aber mit diesen Massen haben wir nicht gerechnet und so stellten wir den Wecker aus, drehten uns nochmals und fuhren erst im Verlaufe des frühen Morgens los, die ersten Autos kamen schon wieder zurück vom Geysir, welcher in den frühen Morgenstunden am Eindrücklichsten sein soll, aber auch nur, weil dann der Wasserdampf in der kalten Luft am besten sichtbar ist. Wir genossen den Anblick der Morgensonne, welche die Schneespitzen der umliegenden Vulkane küsste und in ein sanftes Licht tauchte. Die Fahrt führte durch eine schöne Landschaft, an kleinen Lagunen vorbei, in welchen Flamingos nach Futter stochern, Vicunas mit ihren Jungen in Hochmooren weiden und mit Bommel und Bändern geschmückte Esel und Lamas Farbpunkte in die teils grüne, teils sandig gelbe, teils ockerfarbene mit grünen und gelben Büschen bewachsene Landschaft setzten. Als wir zum Geysir Gebiet kamen, fiel uns auf, dass nebenan etwas viel mehr dampfte als in Richtung Tatio Geysir. Wir fanden auch eine Strasse, die in die Richtung führte und machten auf 4600 MüM Rast, mit Blick auf einige Geothermische Aktivitäten. Hier merkt man, dass die Anden ein junges vulkanisches Gebirge sind, welches noch nicht zur Ruhe gekommen ist, die Erde lebt und bebt. Um dieses blubbernde und dampfende Fenster zur Erdmitte etwas genauer zu betrachten entschlossen wir uns zu einem etwa 30 Minutigen Spaziergang. Ok, es war Geothermische Aktivität (hier machte eine Erdwärme Firma wohl auch Erkundungsbohrungen) , sehr aktiv sogar, aber wir müssen zugeben, dass wir wohl durch die Geysire, die wir in Neuseeland gesehen haben, echt verwöhnt und daher nicht eben beeindruckt waren.

 

Die Landschaft aber gefiel und die durchwegs gute Strasse führte danach Richtung Tocone und ChiuChiu durch teils sandiges, teils felsiges Gebiet und anschliessend durch eine Felsschlucht, stetig an Höhe verlierend. Bei einem Halt in eben dieser Schlucht sah ich auch mein erstes freilebendes Vizcacha seit 14 Jahren. Vizcachas gehören zur Familie der Hasenmäuse, sind mit dem Chinchilla verwandt. Die Tiere haben ebenfalls einen buschigen Schwanz und werden bis zu 8kg schwer. Sie kommen heute noch hauptsächlich im Altiplano vor, im Süden Boliviens, Norden von Chile und Argentinien.

 

Die Ortschaft ChiuChiu ist vom Tourismus noch nicht überlaufen und besticht durch eine schöne, weiss verputzte Adobe Kirche mit Dach aus Kakteenholz. Im Dorfkern gibt es einige einfache Restaurants und schöne Adobe (Lehmziegel) Bauten. Irgendwie erinnert mich diese Ortschaft an etwas, was ich mit typisch Mexikanische Ansiedlung beschreiben würde, wohl wegen den Parallelen zu den Bildern, die man aus historischen Wildwestfilmen kennt. Nur ist dieses Dorf friedlich und hat dank Bewässerung durch einen Fluss aus den Anden sogar einige grüne Anbauflächen.

 

Die Weiterfahrt führt wiederum durch karge Industriewüste nach Calama, einer dreckigen und nicht als sehr sicher eingestuften Mineuren Stadt. Eine Zweckstadt, in welcher wir eine Unterkunft suchten mit geeignetem, gesicherten Parkplatz für Bobilchen, doch wir fanden nix, entweder existierte an der Adresse kein Hostal, oder die Einfahrtshöhe zum Parkplatz war viel zu tief. Also stockten wir im Jumbo unsere Vorräte auf und fuhren zurück (lange aber gut ausgebaute Strecke) nach San Pedro zu unserem Zeltplatz. Dort war die Rundtour quasi vorbei und wir besprachen bei Spargel Risotto und Weisswein in der gemütlichen Gemeinschaftsküche den Wetterbericht und weiteren Routenverlauf.