Industriewüste und Tagebau Minen

Wir fahren von Antofagasta über die B-55 Richtung Mina Escondida. Bald sind wir wieder auf 2500 MüM und Bobilchen tuckert beschwerdefrei vor sich hin. Wir machen einen Höhenhalt neben der Strasse, welche durch monotone, graue Industriewüste verläuft. Kein schöner Anblick, hier wächst nichts, dafür ist der Boden reich an Bodenschätzen. Neben uns steht ein Minenfahrzeug sowie das Begleitfahrzeug, ein grosser Toyota Pick-up. Dieser Toyota scheint aber winzig neben dem Ungetüm. Die Reifen dieser Riesenlaster sind vier Meter hoch und die Ladefläche fasst 225 Tonnen Gestein. Kupfer ist das wichtigste Exportprodukt Chiles, welches der grösste Kupferproduzent der Welt ist, und rund die Hälfte aller Exporterlöse wird allein mit dem roten Metall erwirtschaftet. Nicht zu sehen sind die giftigen Chemikalien, die beim Reinigen des Rohkupers freigesetzt werden. Schwefelsäure und Arsen sind darunter, welche die Umgebung und auch das Grundwasser belasten. Es wird uns auch immer gesagt: zum Duschen und Waschen sei das Wasser aus der Leitung ok, aber nicht zum Trinken. Die Minenarbeiter wiederum gehören zu den bestbezahltesten in Chile, sie verdienen rund 3x mehr als der Durchschnitt. Unter der Wüste schlummern noch viel mehr Bodenschätze: Schwefel, Phosphate, Gold, Silber, Lithium etc.

 

Früher einmal wurde Salpeter gefördert, doch 1909 wurde entdeckt, dass sich Salpeter auch künstlich und billiger aus Natriumnitrat herstellen lässt und vorbei war der Boom. Die Salpeterstädte verwaisten und zerfielen, aus manchen wurden später Kupferstädte. Im sogenannten Salpeterkrieg von 1883 verlor Peru und Bolivien die Provinzen Antofagasta und Tarapaca an Chile und seither ist Bolivien ein Binnenland, allerdings wird ihm die Nutzung der Häfen Arica und Antofagasta zugesagt und daher gibt es im Chilenischen Landesinnern auch Zollgrenzen die den Provinzgrenzen entlang verlaufen und eine Freihandelszone ermöglichen.

 

Wir fahren weiter der wie eine Autobahn ausgebauten Strasse entlang und dann auf rund 3000 MüM ist Schluss mit Strasse, da steht der Eingangskomplex mit Schranke der grössten (Produktionsmenge) Kupfermine der Welt: Escondida. Hier werden im Jahr über 1.2 Mrd. Tonnen Reinkupfer gefördert. Ein Arbeiter kommt auf uns zu und sagt, das wir da nicht durch können. Wir zeigen ihm unsere Strassenkarte und er schüttelt nur den Kopf, hier seien überall private Minen und keine öffentlichen Strassen. Irgendwie wollten wir das nicht so recht glauben und so fuhren wir etwas die Strasse zurück bis zu einem anderen Abzweiger, MapsMe sei Dank, zeigte auch dieses Navigationsgerät hier einen Durchgang an. So fanden wir eine Erd/Sandstrasse die sogar mit Imilac und Paso de Scompa beschriftet war und weiterhin den Namen B-55 trug. Was uns allerdings verunsicherte, war die Umgebung, durch welche sie durchführte. Wir sahen eine Teerstrasse mit Bussen, wir sahen Wohnhäuser in der Ferne, aber keine Abzweigung zu diesen. Wir holperten also auf dieser Sandpiste an vielen "Abbiegen verboten" Schildern vorbei, es kamen uns Fahrzeuge der Minenarbeiter entgegen, aber links und rechts Mondlandschaft, mehrere hundert Meter tiefe Löcher, mehrere Kilometer lang und breit auf deren Terrassen die riesigen Fahrzeuge kurvten und aussahen wie Spielzeugautos. Alles sah aus wie aus einem Spielfilm, eine entfernte Mondbasis, auf einem anderen Planeten. Langsam Sonnenuntergangszeit und weit und breit kein Plätzchen zum Stehen. Und dann auch noch eine Barriere mit Überwachungskamera. Heisst das, wir müssen das alles im Dunkeln zurück? Aber nein, nach etwa 5 Minuten öffnete sich die Schranke und wir konnten passieren. Es war schon am Eindunkeln, als wir endlich das Gefühl bekamen, die Minen hinter uns gelassen zu haben, die Strasse führte weiter, als Sandpiste und dann fanden wir im Scheinwerferlicht einen Parkplatz neben der Sandpiste. Dort stellten wir uns ganz hinten hin, so dass allfällige Fahrzeuge auf der Sandpiste passieren können, und schauten auf die hell erleuchteten Minen am Horizont und die Scheinwerfer der Riesenlaster, welche wie Pistenfahrzeuge in Wintersportorten anmuteten, die in der Nacht die Piste planieren.

 

In der Nacht passierten mehrere Konvois von Lastwagen den Parkplatz, doch keiner schien sich an unserer Gegenwart zu stören, alle fuhren vorbei und dabei sah die Kolonne aus wie Tiefseefische die einander in der pechschwarzen Tiefsee folgten, alle hatten sie baumelnde, beleuchtete Antennen über den Führerkabinen. Als wir dann aber am Morgen weiterfuhren kam kein einziges Auto bis wir zur Salar de Imilac kamen, kein schöner Salzsee, aber Orientierungspunkt, denn kurz danach zweigt die Passstrasse Socompa und die Strasse zur Salar de Atacama ab. Der pudrige und dennoch zähe Staub der Strasse legte sich alsbald auf unser Bobilchen und so sahen wir nicht mehr aus dem Rückfenster, die Bremslichter waren nicht mehr zu sehen und das Nummernschild sowieso verschwunden. Weiter ging die Fahrt, runter auf 2500 MüM zur Salar, die da gross, aber gar nicht eben weiss vor uns lag.

 

Die Salar wird gespeist vom stark mineralischen Wasser des Rio San Pedro sowie zahlreichen unterirdischen Zuflüssen und verdunstet in der abflusslosen Senke. So setzt sich auf der Oberfläche eine stark salzhaltige Schicht ab, die im Salar de Atacama mit Lehm vermischt ist. Die krustige und körnige Oberfläche ist somit nur stellenweise blenden weiss, meist aber braun, gelb oder grau. Es sind Salz/Lehmkristallbrocken die da die Strasse säumen und vom Südende her fährt die Salz/Lehmstrasse hoch auf die Salar, welche hier wie eine ausfliessende Gletscherzunge anmutet, nicht blendend weiss, sondern eben mit viel Schutt. Da die Salar kein Nationalpark ist, sondern nur einige Reservate aufweist, wird in den meisten Zonen der 3000km2 grossen Fläche freudig gebuddelt und gebohrt, meist Salzminen, aber auch Minen die Metalle und Mineralen im grossen Stil abbauen.

 

Die Salz/Lehmstrasse quert nun die Salar und bietet alleine schon wegen der Ausdehnung der Salar eine eindrückliche Fahrt. Und was kommt da entgegen, ein Fahrzeug mit Schweizer Kennzeichen. Wir geben Zeichen (unser Schild ist ja komplett zugesandet) und schon kurz darauf sind wir mit Sonja und Beni am plaudern. Mal wieder schön hintereinander parkiert, hält jedes Minenfahrzeug, das vorbeikommt an und fragt ob alles OK sein. Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft auch hier wieder. Sonja und Beni (Webpage) sind frühpensioniert und seit drei Jahren im südlichen Südamerika unterwegs, wollen aber in den kommenden Wochen nach Paraguay und von dort für eine Zeit zurück in die Schweiz, bevor sie ihre Reise fortsetzen. Vorher aber wollen sie nach San Pedro und wir verabreden uns provisorisch dort.

 

Unsere Durchfahrt der Salar führt uns im südöstlichen Teil durch weisse Flecken, Flächen von Salzkristallen und Salzaugen (mit Wasser gefüllte Löcher im Salz). Die Vulkankette der Anden ist leider in dunkle Wolken gehüllt, ob es noch regnen wird? Wie wir im Dorf Peine, einem kleinen Adobe Dorf am Rande der Salar in welchem wir nächtigen wollen, erfahren, hat es in den vergangenen Wochen viel geregnet, und so ist auch der Naturpool, der da als Schwimmbad mit Übernachtungsmöglichkeit angelegt wurde, überschwemmt und geschlossen. Zuviel Regen in der Wüste! Somit fahren wir Richtung Passo de Sico und finden auf 3700 MüM ein schönes Plätzchen zum frei stehen. Von der Strasse her kaum einsehbar, eröffnet sich uns ein Traumpanorama über die Atacama Wüste. Wir entstauben unser Bobilchen notdürftig und kochen uns eine feine Suppe. Anstelle des angekündigten Regens, gab es dafür einen schönen Sonnenuntergang.