Wein, Parrilla & Chicita

Cafayate wartet mit einer sehr schönen Atmosphäre auf, klein, überschaubar und kolonial. Einstöckige Häuser reihen sich entlang von aufgeräumt wirkenden Strassen, durch welche man zu Fuss schlendern kann. Bodegas finden sich im Zentrum, am Dorfrand und natürlich entlang der Weinstrasse. Cafayate befindet sich im Südosten von Salta und im Zenturm des Valle Calchaqui. Cafayate befindet sich auf 1660MüM. Das Klima ist sehr trocken und im Sommer übersteigen die Temperaturen 32Grad kaum, im Winter liegt die Tagestemperatur irgendwo zwischen 2 und 8 Grad, zudem liegt die Niederschlagsmenge im Jahresdurchschnitt bei ca. 250mm. Dieses sehr spezielle Klima ist nebst den mineralreichen, trockenen Sandböden extrem geeignet für den Weinanbau, wobei sich hier noch weitere Faktoren positiv äussern:

  • Trockenes Klima: zwei Bergketten schirmen das Tal vom Regen ab und der Mensch kann die Bewässerung viel besser kontrollieren. Es können Trauben geerntet werden, welche nicht angeschwollen sind vom Wasser des Regen, sondern aromatisch und klein.
  • Temperaturunterschied Tag/Nacht: Bis zu 20 Grad beträgt der Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht und dies hat einen positiven Einfluss auf die Traube, welche während des Tages gedeiht und wächst und in der Nacht die Stomata schliesst und Aroma und Geschmack bündelt und einschliesst.
  • Wind von Nord nach Süd trocknet aus und minimiert die Gefahr von Krankheiten und Pilzbefall der Reben, 340 Tage im Jahr Sonnenschein
  • Atmosphärische Transparenz: die Höhe und Reinheit der Luft erhöht die Lichteinstrahlung und somit die Photosynthese und demzufolge die Produktivität. Um die empfindlicheren hellen Trauben zu schützen, werden diese in einem speziellen Pergola System angepflanzt. Dies schützt zwar die Trauben, aber eine maschinelle Ernte ist nicht möglich. Daher wird diese Anbau Art nur für die besten Trauben und Terroires genutzt.
  • Die Höhe des Anbaugebietes erhöht die voran genannten positiven Eigenschaften und die hier angesiedelten Traubensorten sprechen nicht nur gut auf dieses Klima an, zusätzlich werden deren Eigenschaften und Aromen dadurch speziell herausgebildet.

Die Anbaugebiete von Salta (Cafayate, Colomé, Tacuil und Payogasta) erstrecken sich bis hinauf auf 3000 Meter, die Anbaugebiete von Mendoza (Valle de Uco, Lujan de Cuyo) immerhin noch auf 1400 Meter. Nur das Rioja Gebiet in Spanien und das Barossa Valley in Australlien weisen Höhen auf, welche an die Anbaugebiete von Mendoza heranreichen. Das Weinmuseum in Cafayate (empfehlenswert) bietet einen sehr guten Einblick in das Anbaugebiet und garniert die Ausstellung um Weinsorten, Traditionen und Ausbau mit philosophischen Ansätzen in welchem das spezielle Licht des Valle Calchaqui verehrt wird.

 

Am ersten Abend haben wir einen sehr guten Wein (Malbec / 2016) probiert: Quebrada de las Flechas, ein Wein, welcher sehr hoch oben angebaut wird: rubinrot mit violetten Lichtreflektionen, in der Nase intensiv, mit Noten von Konfitüre, roten und schwarzen Beeren, Zimt und Leder, und im Abgang ein vollmundiger Geschmack mit Körper und gut ausbalancierten Tanninen.  Er hat uns vorzüglich geschmeckt, auch der Dessertwein von Tukma, ein Torrontes Dulce (2017). Torrontes ist die spezielle Weinsorte, für welche dieses Gebiet bekannt geworden ist. Je nach dem wann man die Traube erntet, handelt es sich um einen fruchtig erfrischenden Weisswein oder eben (Spätlese) um einen Dessertwein. Die Traube ist eine natürlich entstandene Kreuzung aus Muskateller und Criola Traube.

 

Nebst dieser Weissweinsorte, werden auf 55% der Felder Cabernet Sauvignon, Malbec, Tannat, Bonard, Syrah, Barbera und Tempranillo angebaut. Erst in den letzten Jahren hat man angefangen, den Weinausbau zu professionalisieren und so die weltweiten Märkte anzusprechen. Bis 1993 hat man in erster Linie Tischwein für die Innlandproduktion hergestellt, und ist dabei vom Biermarkt überrollt worden. Dadurch haben die Bodegas nach neuen Technologien und alten Traditionen aus Europa gesucht, um so einen Wein zu produzieren, welcher international mithalten kann und somit nun auch wieder von den Argentiniern anerkannt und konsumiert wird, was im Endeffekt die Argentinische Weinproduktion gerettet hat. Weine aus Argentinien sind nicht für jahrelange Lagerung produziert, sondern sollen und können gleich nach der Abfüllung genossen werden.

 

Wir haben die Bodegas El Esteco, Vasjia Secreta und Felix Lavaque (produziert den Finca Quara) besucht. Am besten hat uns die Führung im El Esteco gefallen, sozusagen eine Privatführung auf Englisch (so dass ich nicht alles übersetzten musste und es auch für mich einfacher war die Feinheiten zu verstehen). Wir besichtigten die Reben, wobei sie Bodenbeschaffenheit, Rebsorte und Anbaumethode erklärten, dann wurde der Prozess der Weinherstellung erklärt und am Ende noch der Ausbau des Weines. Je nach Weinqualität wird in Innox oder Betontanks sowie in französischer Eiche ausgebaut. Vieles ist manuelle Arbeit, gleichzeitig steht aber auch modernste Technik bis hin zu ideal klimatisierten Räumen zur Verfügung. Von Zugabe von Holzschnitzel bzw. gar Aroma- und Farbstoffen, wie das gerne mal bei z.B. Trapiche in Mendoza gemacht wird, wird strickte abgesehen. Im Gegenteil, sie besinnen sich zurück auf alte Methoden, verfeinern diese jedoch mit modernsten Mitteln. So stellten sie uns für den besten Wein eine Ausbauart vor, die wir so noch nicht gesehen hatten: Ausbau in Bettoneiern, also eigentlich verhältnismässig grosse Eier- bzw. wie Amphoren geformte Betontanks, in denen sie den Wein fermentieren und ausbauen (reifen) können. Die spezielle Form sowie der spezielle Beton (welchem Geschmackgebende Stoffe entzogen wurden und welcher wie Holz porös ist, keine Emaillierung der Wände notwendig) scheinen das Geheimnis zu sein. Diese Tanks bieten wie ein Holzfass den gewünschten minimalen Sauerstoffkontakt, jedoch ohne Holz- oder anderen Fremdgeschmack, welcher in bestimmten Weinen unerwünscht ist, und erhält somit den Eigengeschmack der Traube. Ich bin gespannt, ob ich mal einen solchen Wein probieren kann, im Moment sind sie noch sehr teuer, da oft pro Weingut nur wenige tausend Flaschen im Jahr produziert werden. Bei diesem Weingut heisst der Wein: "Esteco old wine", weil er wie zur Römerzeit in Amphoren ausgebaut wird.

 

Der Besuch bei Vasjia Secreta war zwar gratis aber nicht ganz so spannend, zwar ist es das älteste Weingut in der Gegend (Weinstöcke in der Gegend sind 60 - 100 Jahre alt), produziert aber noch immer in erster Linie Tischwein. Interessant war einfach zu schmecken, was der Zeitpunkt der Traubenlese beim Torrontes für einen Einfluss auf die Fruchtigkeit und Süsse des Weines haben kann. Bei Felix Lavague haben wir dann nochmals eine Flasche vom Quara Malbec Reserva gekauft und diesen am zweiten Tag beim Grillieren genossen, mit Blick auf die Weinstöcke von welchem dieser Wein gewonnen wird. Auf dem kleinen Markt Fleisch, Gemüse und Holzkole gekauft und dann Gemüsepäcklein, Grilltomaten etc. gemacht und Markus konnte am Grill stehen, ein grosses Asado (Rippli) sowie zwei grosse Filet de Lomo braten. Ein Schlemmeressen. Mit dabei (in gebührendem Abstand) war Chicita, eine kleine für streunende Hunde etwas scheue Hundedame, deren Vertrauen wir dann aber gewonnen haben. Irgendwoher hatte sie ein Halsband, daher nehmen wir an, dass sie schlechte Erfahrungen gemacht hat und ausgerissen ist. Sie wurde unser Hof und Haushund auf diesem Platz und hat uns ein kleines Stück vom Herzen gestohlen, als wir ohne sie weiterreisen mussten.

 

Wir entspannen und machen im Schatten eines Baumes Siesta, und plötzlich kommt ein Pferd vorbei. Was für ein Zoo! Markus flatiert ohnehin jede Katze, hier hat es zwei, die aber versuchen uns beim Frühstück die Milch aus der Cornflakes Schüssel zu stehlen, vorhin kamen zwei Esel vorbei und frassen die frisch gepflanzten Blumen vor dem Duschen-Block des Campings und nun kommen noch die streunenden Hunde (Blondie, Hinkebein, Schwarzohr und Big Baer) und jagen das Pferd vom Platz. Zusammen mit dem Vogel der einen Vogel hat und jeden Morgen wie ein Irrer an das Fenster klopft, haben wir schon fast die Bremer Stadtmusikanten auf Urlaub zusammen. Chicita kommt zu uns und kuschelt sich zu Füssen von Markus ein.

 

Am Abend fährt ein Camper mit einer Schweizer Nummer vor, wir winken und bald darauf lernen wir Ursi und Robert kennen. Ein äusserst sympathisches Schweizer Rentnerpaar, wobei sie nix von Rentnern haben, ausser der Freiheit sehr langsam und mit viel Zeit Südamerika zu entdecken. Empfehlenswert: werft einen Blick in ihren Blog, wirklich interessant: www.welt-erleben.ch . Bei einem guten Glas Wein (und sogar einem Schluck Whisky) und in guter Gesellschaft liessen wir den Abend ausklingen.