Skurrile Steinformationen & ein Gürteltier

Wir verlassen Cafayate auf der R40 und wagen einen Abstecher nach Tafi de Valle. Den hätten wir uns allerdings sparen können, denn dort fanden wir nur Regenwolken. Dies jedoch war irgendwie faszinierend, wir kamen also aus dem trockenen Tal, fuhren auf 3000 Meter in eine Wolkenwand und als wir auf der anderen Seite aus den Wolken herauskommen sehen wir eine grüne Landschaft, einen blau schimmernden Stausee und Ferienhäuschen wie bei uns in den Voralpen. Irgendwie surreal. In Amaicha del Valle schauen wir uns das Museo Pachamama an, leider bietet es nebst einem schön gestalteten Steingarten mit indigenen Skulpturen kaum Informationen. Ich fand jedoch eine Info interessant, welche den Stammbaum der Inkagottheiten aufzeigt: Viracocha scheint übergeordnet, unter ihm stehen die drei Gottheiten Imaimana (Gottheit aller Früchte der Erde), Pachamama (Gottheit der Erde / Mutter Erde) und Mamacocha (Gottheit des Meeres) sowie Inti (Sonne) und Quilla (Mond) die Eltern des 1. Inca. Lange bevor die Incas zwischen 1480 und 1530 auch in diesen Teil Südamerikas vordrangen (und noch bevor die Spanier gegen 1530 diese wiederum unterwarfen) war dieses Land bewohnt (ab ca. 500 vor Chr.). Heute haben sich alle Kulturen irgendwie vermischt und auch strenggläubige Katholiken legen ganz natürlich Opfergaben für Pachamama ab.  

 

Am Wegrand sehen wir immer wieder Altare, manche von ihnen sind umringt von Gaben wie Petflaschen mit Wasser, Zigaretten und Cocablätter. Allerdings hat es auch immer wieder Altäre mit Kreuzen und diese sind wohl weniger für Pachamama gedacht, ganz abgesehen davon, dass ich mir kaum vorstellen kann, dass sich Mutter Erde über solche Mengen an Petflaschen sonderlich freut, zumal diese Altäre dadurch oft eher wie eine Mülldeponie wirken als wie Altäre. Etwas später erfahren wir, dass es sich dabei mehrheitlich um Altäre für Difunta Correa handelt, einer Heiligen, welche von der katholischen Kirche nicht offiziell heilig gesprochen wurde, die jedoch von den Argentiniern sehr verehrt wird. Nach der Legende soll diese junge Frau mit Baby auf dem Rücken losmarschiert sein um ihrem Mann zu folgen, welcher während des Bürgerkrieges um 1841 von den Gegnern festgehalten wurde. Leider verlief sie sich in der Wüste und starb. Als jedoch einige Tage später der Leichnam gefunden wurde, war das Kind noch am Leben, säugend an der Brust seiner toten Mutter. Diese Legende befriedigt offenbar zwei Stereotypen des hier verehrten Frauenbildes: das der treuen Frau, die dem geliebten Manne folgt und gleichermassen das Bild der sich aufopfernden Mutter. Die selbst gezimmerten Schreine stehen entlang der grossen Überlandstrassen, da sie als Beschützerin all derer gilt, die allein durch die grossen Weiten reisen. Die Opfergaben sind mannigfaltig, von Geld über Kerzen, Reifen, ein Lenkrad und halb gefüllte Wasserflaschen, um durstigen Reisenden eine Erfrischung zu geben (ich würde das Wasser aber nicht trinken).

 

Es ging Richtung Süden und die Wüste wurde immer ausgeprägter, spärlich bewachsene Sanddünen prägten das Bild der Stein/Kieselwüste. Am Übernachtungsplatz angekommen (I-Overlander sei Dank für dieses von der Strasse nicht einsehbare Plätzchen unter freiem Himmel) begrüsste uns dann ein Gürteltier. Das erste Gürteltier das wir wildlebend sahen, nicht sehr gross aber flink und behände schnell im Gebüsch verschwunden. An den darauffolgenden Tagen ging es via R40, R76 und R150 weiter. Zwischen Chilecito und Villa Union überraschte eine super neue Bergstrasse und Regenwolken. In Banda Florida übernachteten wir auf dem Camping eines jungen Paares, welches vor rund 1.5 Jahren das Land gekauft haben und nun am Bauen sind. Nebst zwei Cabanas, von denen sie derzeit eines nutzen, steht eine Rezeption mit Frühstücksraum (allerdings kann man da nichts kaufen) und einer Toilette/Dusche. Super sauber, aber leider ohne Duschvorhang (danach ist alles nass) und fürs Heisswasser haben sie extra den Kessel eingeheizt. Auch ein kleiner Unterstand mit Licht und Steckdose existiert und ein Pool (jedoch ohne Wasser). Zum Wasser auffüllen können wir den Gartenschlauch nutzen, doch leider haben sie noch keine Facility zum Abwaschen oder für Abwasser ganz allgemein. Die Eigentümer sind super nett, aber irgendwie wirkt das ganze etwas improvisiert und unorganisiert, aber wir glauben, das ist einfach Teil der Mentalität. Eine wirklich schöne Einfahrt hat er schon angelegt, aber ein Schild, welches von der Hauptstrasse wegführen würde, oder ein Schild, welches auf die Cabanas und den Camping hinweisen würde, wurde bisher noch nicht installiert... Markus und mich verleitet das, darüber nachzudenken, wie wir so ein Stück Land bewirtschaften würden, vermutlich würden wir innert kürzester Zeit an unserem Europäischen Perfektionismus scheitern.

 

Die Fahrt durch den Talampaya Nationalpark belohnte uns mit der Sichtung von Nandus (eine Art Vogelstrauss), Guanakos und des Zorro Gris, eines behänden mit seinem grauen Fell gut an die Umgebung angepassten Fuchses. Ein Mara (grösstes Nagetier - sieht aber irgendwie wie ein überdimensionierter Hase aus) und ein Kondor (grösster Geier der Welt -  wenn er sitzt ist sein Kopf auf 1m30 Höhe - Flügelspannweite über 3 Meter / 15kg schwer) stehen noch auf der Wunschliste. Das faszinierendste Gebüsch, das wir gesehen haben ist das Brea, quasi ein intelligenter Baum, welcher nur Blätter und Blüten trägt, wenn genügend Wasser vorhanden ist, ansonsten sieht er aus wie ein blattloser toter Baum, allerdings mit einer extrem gelben Färbung. Diese Färbung genügt dem Baum für die Photosynthese, ganz ohne Blätter.

 

Wir besuchen den Nationalpark von der Seite von Ischigualasto. Der finanzielle Unterschied ist beträchtlich, in der Provinz La Rioja zahlt man etwa dreimal soviel und wird in einen Touristenbus gepfercht durch die Wüste geschüttelt, in Ischigualasto (Provinz San Juan) kann man sich das Valle de la Luna jedoch im eigenen Auto anschauen. Dass man die Fahrt im Konvoy machen muss, liess uns zuerst zögern, danach jedoch fanden wir die 3.5h Tour wirklich gut und verstanden, dass man Touristen in diesem empfindlichen Naturraum nicht alleine losziehen lassen will. Die Landschaften, welche in der Tat an Mondlandschaften erinnern, sind faszinierend. Die unterschiedlichen Farben weisen auf das Vorkommen von verschiedenen Mineralien hin: Rot ist oxidierendes Eisen, grau: Vulkanasche und weiss: Ventonit. Diese drei geologisch ganz unterschiedlichen Gesteinsschichten lassen einem eintauchen in das Zeitalter der Triazeit vor 200 Millionen Jahren. Durch Wind und Erosion werden nicht nur skurrile Felsformationen geformt, sondern auch viele Fossilien freigesetzt. Ein Traum für jeden Archäologen, eines der fossilienreichsten Gebiete auf der Welt und sozusagen die Wiege der Dinosaurier, denn hier wurden die ältesten Fossilien (Eoraptor lunensis) von Dinosauriern gefunden. Die unterschiedlichen Gesteinsschichten jedoch lassen Ärcheologen auch weitere Funde machen, so auch das Skelett des vermutlich ersten Vorgänger der Säugetiere. Kostenlos und äusserst informativ, beleuchtet das lokale Museum bei der Ranger Station diese Aspekte.

 

Beeindruckt hat uns auch die Formation "Kugelfeld". Diese Steinbälle konnten sich dank sehr speziellen Faktoren bilden: Druck, Temperatur und Feuchtigkeit, man nennt diesen Spezialfall auch Ionic concretion. Im Steininnern befindet sich ein eisenhaltiger Kern und die Kugeln wirken wie geschliffen, vermutlich durch urzeitliche Flüsse. Am Abend durften wir kostenlos auf dem Ausgangsparkplatz des Parks übernachten und die Facilities der Rangerstation nutzen. Dort haben wir dann auch eine total sympatische 5-köpfige, belgische Familie kennen gelernt, welche seit über 6 Monaten mit Landrover und Dachzelt unterwegs sind, von Kolumbien nach Uruguay. Was für ein Abenteuer für die Kinder, und für uns einen schönen Abend bei einem Glas Wein. Viele Infos, Geschichten und gut gelacht.