Einmal quer durchs Land

Wir verlassen Iguazu und kurz danach zeigt sich, warum der Regenwald so heisst. Für uns ok, nicht so heiss und der Regen wäscht den Staub vom Auto. Viele Polizeikontrollen, aber sie scheinen vor allem an Lastwagen interessiert zu sein und Innland-Grenzkontrolle zu machen, ähnlich wie bei uns im Schengenraum. Wenn wir anhalten, dann werden wir nach dem «woher und wohin» gefragt, und bisher hat gut funktioniert, touristische Ziele zu nennen, den Reiseführer auf den Beinen zu haben, freundlich zu lächeln und zu erwähnen, dass man Schweizer sei. Wir wurden jedes Mal mit guten Wünschen entlassen und konnten sofort weiterfahren. Langsam wurde der Wald weniger und vom Rio Parana weit überschwemmte Gebiete häufiger. Auf dem Weg kauften wir an einem Strassenstrand eine Wassermelone, eine Ananas und eine Mango. Die Mango wurde gleichentags noch verzehrt und schmeckte hervorragend.

 

Bei der JPF Tankstelle (24/7 Service) beim Flughafen Corrientes haben wir den Tank gefüllt und gefragt, ob wir für die Nacht bleiben können. Klar doch – wir sollen uns hinter das Gebäude stellen, wo sich schon viele Lastwagenfahrer für die Nacht eingerichtet haben. Der Platz war die ganze Nacht durch Flutlichtinstallation erhellt und die WC/Duschen sehr sauber. Im angegliederten Restaurant (sehr modern und super freundlicher Service) wurde uns ein Milanese serviert. Ein Milanese ist eigentlich eine Art paniertes Schnitzel, in meinem Falle ein Inside-Out Cordonbleu mit Schinken und Käse. Die Nacht wäre recht ruhig gewesen, was der Verkehrslärm anging, aber leider war in der Nähe eine Disco, welche wohl noch nie etwas von Dezibel Beschränkung gehört hat. Mit Ohrstöpsel war es auszuhalten und Kaffee und Gipfeli zum Frühstück waren sehr gut. Markus prüfte noch schnell den Reifendruck und just als wir losfahren wollten, kam ein grosser Affe (etwas kleiner als ein Pavian, mit langem Schwanz) aus dem Gebüsch und kletterte behände die Heckleiter hoch und setzte sich aufs Dach. Wir schauten uns an und fragten uns was nun. Langsam anfahren und schau einer an, er bewegte sich wieder vom Dach runter, ein Lastwagenfahrer gab uns ein Zeichen und dann konnten wir losfahren. Die Fahrt ging über eine Art San Franciso Brücke über den Rio Parana nach Resistencia und dann weiter durch die Provinz Chaco. Noch vereinzelt einige Weideflächen, auch mal ein Sonnenblumenfeld, doch auch immer mehr Kakteen und Trockenbüsche. Plötzlich ein Schwarm Schmetterlinge, tauchen sie wie eine Wolke auf und wir können sie nicht vermeiden. Die Strasse ewig lange gerade aus, in der Ferne flimmerte sie in der Hitze und entgegenkommende Autos erschienen wie eine Fata Morgana, welche aus einem See herauskommen, die Trennlinie zwischen Himmel und Erde verschwimmt.

 

Die Gegend wird immer trockener und wir halten im Schatten eines einzelnen Baumes um die Wassermelone zu essen, herrlich. Je weiter uns die Strasse jedoch westwärts bringt, umso grösser werden die Abstände zwischen den einzelnen Dörfern und eintöniger und karger wird die Landschaft, ärmlicher die Bauten am Strassenrand, es häufen sich Abfallberge, offene Mülldeponieren, Tierkadaver. Es stinkt und dann wird die Strasse auch noch schlecht, Schlaglöcher und teilweise ist der Teer ganz weg. Diese Provinz ist arm und diese Armut schlägt einem ins Gesicht. Es stinkt wieder und wir kommen an mehreren verendeten Pferden vorbei… wo sind die Geier wenn man sie braucht?

 

Die Provinzgrenze zwischen Chaco und Salta ist erreicht und nicht nur der Strassenzustand ändert sich, auch scheint es dem nächsten Dorf und seinen Bewohnern etwas besser zu gehen, sie bereiten sich offensichtlich grad auf ein Gaucho Fest vor, die Herren und ihre Pferde sind herausgeputzt und tragen Kuhfellflügel, welche den Pferden den Anschein eines Pegasus geben. Wir fahren der R16 weiter entlang und suchen uns dann wiederum eine YPF Tankstelle zum Übernachten aus, diesmal nicht ganz so edel, aber für die Nacht ok und am kommenden Morgen fühle ich mich irgendwie in die Kindheit versetzt. Um kurz vor 6 Uhr gehen die Motoren der Lastwagen an, es riecht nach Monodioxid und Staub und dazu zwitschern die Spatzen, ja richtige Spatzen. Wie damals, als Daniels Erben noch sein Lastwagendepot neben unserem Zuhause hatte und der einzige Lärmschutz die Blautanne mit ihren Spatzen vor meinem Fenster war.

 

Wir fahren weiter, am Strassenrand Kinder auf dem Schulweg in ihren weissen Kitteln, in denen sie aussehen wie kleine Laborärzte. Bald tauchen erste Hügel am Horizont auf, dann eine Bergkette. Nun wendet sich die Strasse nordwärts und wir fahren am Fusse dieser Bergkette von der drückenden Hitze der Senke des Chaco (teilweise unter Meeresspiegel) hinauf nach Jujury auf 1550 MüM und weiter ins Tal Quebrada de Humahuaca. Je nach Sonnenstand und mineralischer Zusammensetzung ändert sich das Farbenspiel der Felsen der breiten Schlucht bzw. des Tales. Farben von ocker über gelb bis grünlich und bizarre, von Wind und Wasser geformte Felsformationen begleiten uns auf unserer Fahrt bis nach Humahuaca auf knapp 3000 MüM. Zum Lunch haben wir noch die Ananas gegessen (mild und köstlich süss und dennoch erfrischend) und in Humahuaca, einem süssen, kleinen Dörfchen, welches hauptsächlich vom Tourismus lebt (schönes Zentrum und schmucke Häuschen sowie Handwerksmärkte) hat sich Markus in Empanadas verliebt, leckere Teigtaschen, welche unterschiedlich gefüllt und dann gebacken werden. Wir genossen unseren Aufenthalt im  Café PachaManka (Bueno Aires/Sgo.del Estero) und fuhren dann im Abendlicht zurück durch die Quebrada de Humahuaca (die Strässe würde weiter nördlich über die Grenze nach Bolivien führen) bis nach Puramanca auf einen kleinen Minicamping am Fusse der farbigen Felsen (empfehlenswert: Camping Los Colorados de Chabelita). Nun sind wir im Nordwesten von Argentinien angekommen, stark geprägt vom nördlichen Nachbarn Bolivien (Kunsthandwerk, Kultur und Landschaftsbild des Altiplano, welches hier Puna genannt wird).