Uruguay Grenze bis Iguazu

Grenzübergang an einem Sonntagvormittag: super einfach, freundlich und speditiv!  Wir haben keine 40 Minuten an der Grenze verbracht, wurden freundlichst bedient (Kompliment erhalten, es freue sie immer wieder einen Schweizer Pass zu sehen, der sei so bunt und fröhlich gestaltet) und konnten alle Zollpapiere für unser Bobil in einem Schritt erledigen. Ein kleines buntes Fesszettelchen mit Stempel und Kürzel (erst dachte ich, der testet den Stempel bevor er den Pass stempelt) entpuppte sich dann an sehr wichtig, denn wir konnten einfach über den Zoll fahren, wurden nicht kontrolliert (von wegen frischen Lebensmitteln) und mussten dem Beamten nur dieses kleine bunte Fesszettelchen abgeben. Die Nacht verbrachten wir im Camping Ls Palmeras nördlich von Concordia, auf der argentinischen Seite des Rio Uruguay, welcher hier in einem riesigen Stausee zur Stromgewinnung gestaut wird. Der Staudamm Hydroelectrica Salto Grande dient somit nicht nur als Grenzbrücke, sondern ist ein Argentinisch/Uruguayisches Gemeinschaftsprojekt. Ganz nebenbei kann man im Stausee baden und andere Wasseraktivitäten betreiben (so auch im Camping Palmeras am Playa las Palmeritas). Die sanitären Einrichtungen waren solala und natürlich durfte man seine Thermoskanne gratis mit heissem Wasser auffüllen.

 

Etwas Sorge bereiteten uns die Meldungen, dass wir in der Provinz Entre Rios mit korrupten Polizeikontrollen rechnen müssten, aber wir hatten Glück, wurden nie angehalten und sahen nur manchmal auf der gegenüberliegenden Strassenseite wie das Militär oder die Polizei Lastwagen kontrollierte. Die Strasse war in gutem Zustand und führte durch eine langweilig flache, trockene Ebene. Die Hitze im Auto war recht heftig und auch offene Fenster kühlten nur bedingt. Umso glücklicher waren wir, als wir auf dem grossen Parkplatzgelände der Cabanas Las Azaleas (Ruta 14, KM 745), neben gepflegtem Rasenabschnitt mit Blümchen, Bäumchen, BBQ Tischchen und Wasseranschluss, unser Bobil parken durften. Markise auf, Stühle im Schatten aufgestellt und ein kühles Bier vom Rezeptionisten serviert. Überhaupt war der Empfang hier sehr herzlich und das Badezimmer, welches den Overlander zur Verfügung steht, sauber... nun ja, bis auf eine riesige Spinne in der Dusche und ein paar Moskitos, welche sich hinter der Kloschüssel versteckten. Leider lag die Anlage direkt an der Ruta 14 und so verbrachten wir eine Nacht mit Ohrstöpseln, denn Lastwagen dürfen auch in der Nacht fahren.

 

Je mehr wir uns der Provinz Missiones näherten, umso roter wurde die Erde und tropischer die Bewaldung. Leider ist aber nur noch wenig wirklich Urwald, es wird massig Brandrodung und Aufforstung nur mit Kiefern betrieben, welche in diesem Klima viel schneller in die Höhe schiesst uns somit als Rohstoff viel schneller geerntet werden kann (braucht hier nur ca. 10, anstelle wie bei uns 25 Jahre). Zelluloseindustrie ist eine der drei Haupterwerbszweige in Missiones, dem Dreiländereck im äussersten Norden von Argentinien. Der zweite Erwerbszweig ist der Tourismus und der dritte der Anbau von Mate Tee. Hier, wie in Paraguay wird er mit kaltem Wasser getrunken und die Einheimischen bevorzugen den Tee, der ausschliesslich aus den Blättern gewonnen wird, für den Export werden auch die Stängel verwendet, was den Tee gewissermassen milder mache. Der Mate Baum, welcher sehr hoch werden kann, wird für die Industrie meist nur in Buschform gezüchtet, damit die Ernte einfacher ist. In den Jesuiten Missionen wurde der natürlich wachsende Baum zum ersten Mal kultiviert und so haben diese Missionen massgeblich zur Verbreitung dieses Nationalgetränkes beigetragen.

 

Wir legten einen Zwischenstopp in San Ignacio Mini ein, einer verfallenen aber teilweise restaurierten Mission, welche heute UNESCO Weltkulturerbe ist. 4 Missionen, bzw. deren Ruinen, kann man heute noch in Argentinien besichtigen, weitere gibt es in Brasilien und Paraguay. Santa Ana (kann mit dem gleichen Ticket gratis besucht werden) ist vom Urwald überwuchert, aber San Ignacio Mini ist am besten erhalten und wurde in den 1940ern teilweise restauriert. Das kleine Museum beim Eingang vermittelt einen Einblick in das Leben auf diesen Missionsstationen und die Traditionen der Guaranies, dem indigenen Volk welches in diesem Gebiet lebte. Aber dank einem Privatführer (wir wählten eine Tour auf Englisch, die Bustouristen waren alle spanischsprachig) bekamen wir anschliessend beim Rundgang durch die Ruinen einen noch viel besseren Eindruck und viele Informationen über die Architektur und das Leben auf der Mission. Diese Missionen nannten sich Reducciones und jede war auf irgendwas spezialisiert (Handwerk oder Landwirtschaft oder Musik/Kunst). In San Ignacio Mini wurde der Anbau des Mate Tee kommerziell betrieben. Über 4000 Personen lebten zur Blütezeit in dieser Kleinstadt, welche von Jesuiten Priestern geleitet wurden. Jede Familie bewirtschaftete einen Teil des Landes und lebte in Langhütten, welche in einzelne Familienräume unterteilt wurden, jede für ca. 5 Personen und mit einer eigenen Nische für den Schutzpatron der Familie. Die Langhütten waren aus der Tradition der Guaranies entnommen, welche dort in Sippen wohnten. Da die Jesuiten jedoch die Monogamie einführten, wurden die Langhütten in den Reducciones in einzelne Familienräume aufgeteilt. Die Arbeiten waren klar zugeteilt: Landwirtschaft und Handwerk wurde von den Männern ausgeführt, Haushalt, Kinderbetreuung und Textilhandwerk von den Frauen. Alle betätigten sich jedoch gleichermassen im Bereich Kunsthandwerk und  in der Ausübung der Religion. Söhne der stammesvorstehenden Guaranies wurden zudem ab dem 7. Lebensjahr in Schulen unterrichtet, sie lernten nebst Schreiben und Lesen (Spanisch und Lateinisch), Mathematik, Architektur, Kunst und Musik. Ihre Ausbildung wurde im Austausch mit anderen Missionen ergänzt und am Ende standen sie einem eigenen Fachgebiet vor, waren als Lehrer tätig oder wurden zu Priestern geweiht. Die Städte waren in Kreuzform angeordnet, im Zentrum war ein grosser Platz auf welcher die wichtigsten Messen abgehalten wurden, dahinter und eine beeindruckend grosse Kirche mit Ziegeldach auf Holz/Bambus Konstruktion, Keramikplatten Boden und Fenstern aus bemalter Kuhblasen. Es gab Handwerksstätten, Wohnhäuser, kleine Kapellen, Schule, Krankenhaus, Friedhof etc.  Die Häuser waren aus Sandstein gebaut, mit Lehm verputzt und mit Kalkstein weiss bemalt. Strohbedeckte Terrassen boten Schatten und der Kalkstein bot ein natürlicher Schutz gegen Krabbelviecher und Mücken.

 

Was uns am meisten beeindruckt hat, war noch nicht mal die sogenannte Guanispaniol Barock Architektur (z.B. Putten Engel mit indigenen Gesichtszügen) sondern die extrem moderne, hygienische und humanistische Organisation der Reducciones. San Ignacio Mini wurde 1610 gegründet und war 1696 in der heute zu besichtigenden Grösse erbaut. Zur gleichen Zeit herrschte in Europa noch Mittelalter, aber in den Reducciones gab es Hygienevorschriften (Baden, Seuchen wie die Grippe wurden unter Quarantäne gestellt, es gab Latrinen nach Römischem Vorbild mit Wasserspülung etc.) und ein kulturell blühendes Leben. 1817 wurden alle Reducciones in einem Grenzkonflikt zerstört und gerieten für über 100 Jahre in Vergessenheit. Grosse Kakteen wachsen nun mitten auf dem Platz. Kakteen wachsen offensichtlich wie Epiphyten (Vögel essen Kerne und sch... / verteilen sie so überall), auf Mauern, oder anderen Bäumen. Der Urwald nahm sich zurück was der Mensch ihm abgerungen hat, riesig Feigenbäume umranken mit ihren kräftigen Wurzeln ganze Säulen. Leider ist der Feigenbaum eine eingeführte Art und verdrängt auf diese Art (umschlingen von anderen Bäumen, bis sie absterben) viele einheimische Pflanzen.

 

Die Strasse führte uns weiter durch grüne Hügellandschaft, dazwischen schön herausgeputzte Städtchen (Jardin America sogar mit kitschiger Weihnachtsdeko im Ortszentrum) und weniger schönen Dörfern, vorbei an vielen Parrillas/Comedors (einige sind eher Grill/Fastfoodstände, andere wirkliche kleine Restaurants) und Früchtestände an welchen Orangen, Ananas und Wassermelonen angeboten werden. Zudem sieht man immer wieder Nischen und kleine Altäre am Strassenrand, dekoriert mit der Figur des Gaucho Gil und roten Bändern/Tüchern. Gaucho Gill ist sowas wie ein Robin Hood, welcher aber offensichtlich wie ein Heiliger Wunder wirken kann (er wurde 1878 hingerichtet). Obwohl die Kirche in Rom den Gaucho Gil bisher nicht als Heiliger anerkannt hat, tut es ihm hier keinen Abbruch, er wird heiss verehrt und seine Anhängerschaft wächst.

 

Inzwischen sind wir in Puerto Iguazu angekommen und haben auf dem grossen Rasen bei den Cabanas Castillo Iguazu Quartier bezogen (empfehlenswert: freundliche Gastgeber, sauberes Badezimmer und guter, sicherer Stellplatz sowie ein herrlicher Pool). Wir genossen den Tag am und im Pool, mit WLAN und im Städtchen beim Erledigen einiger Dinge wie Geldwechsel, Info einholen, wie man mit dem Bus zur Brasilianischen Seite der Fälle kommt (wollen unser Bobil nicht für nur einen Tagesausflug über die Grenze nehmen) und dem Laminieren von Farbkopien unserer Fahrausweise und ID Karten. Zudem genossen wir einen guten Lunch im Restaurant La Dama Juana (Avenida Cordoba 42). Markus hatte sein obligates Fleischstück und ich einen köstlichen Fisch, ein grätenloses Teilstück des Surubi (Welsart, welche im Fluss lebt und bis 70kg schwer werden kann).

 

Morgen geht es für einen ersten Panoramablick auf die Brasilianische Seite der Iguazufälle, tagsdrauf dann auf die Argentinische. Am Abend können wir dann wieder etwas die Seele baumeln lassen am Pool. Fotos werden wir zu einem späteren Zeitpunkt laden.