Der Osten

Zuerst erkunden wir den Osten, beginnend vom Paraiso Suizo aus, wo wir die ersten 3 Nächte verbracht, und die ersten Strandspaziergänge gemacht haben. Technisch gesehen, sind wir ja irgendwie noch am Rio Plata, der aber wegen der Breite und Durchmischung  mit dem Wasser des Atlantik eben Mar del Plata genannt wird. Das Wasser ist merklich weniger salzig, ruhiger und wärmer als weiter im Osten, wo sich die Brandungswellen des Atlantik auf die weissen, feinsandigen und langen Strände ergiessen.

Zwischen den einzelnen Ferienorten, von denen die meisten recht verschlafen sind, werden die Abschnitte ohne Bebauung je östlich umso grösser, teilweise in Naturreservaten (in welchem fast alles ausser Jagen und Landwirtschaft erlaubt ist) umfunktioniert, teilweise einfach "noch nicht verkauft". Es scheint ein regelrechter Ausverkauf des Landes an der Küste stattzufinden, und wir sprechen hier nicht in km2 sondern von Hektaren und dann auch nicht grad wenige.

 

Wir sind der schönen Strandpromenade des etwas in die Jahre gekommenen Piriapolis entlangspaziert, haben uns am Jachthafen in Punta del Este ein Mittagessen gegönnt (3 Gänge mit Softgetränk/Kaffee für 20 CHF) und etwas mondäne Luft geschnuppert. Punta del Este markiert nicht nur den Beginn des Meeres (Atlantik Wasser) sondern ist in der Hochsaison von Mitte Dezember bis Mitte Februar auch Hotspot der Reichen und Schönen, von Pferderennen, über Regatten und Filmfestspielen ist alles dabei. Wenn man vom Küstenort Punta Ballena entlang der R12 nach Minas fährt, bekommt man einen guten Eindruck der eindrucksvollen Villen und Güter, je exklusiver umso versteckter im lauschen Wald entlang des Sees Laguna del Sauce. Von den eindrucksvollsten Gütern sieht man von der Strasse aus nichts, aber die Eingangstore und Einfahrten sprechen Bände, und selbst entlang der Strassenböschung beeindruckt der gepflegteste Golfrasen... Wenn man vom See weg weiter der R12 folgt, ändert sich das Landschaftsbild und wir hügeliger und steiniger, aber abwechslungsreicher und weiterhin grün. 

 

Weiter im Osten haben wir ein wunderbares Plätzchen zum Campieren gefunden, am Ende einer langen, sandigen Strasse war ein Parkplatz mit Blick über das Vogelschutzgebiet an der Laguna de Rocha. Weit am Horizont auf der anderen Seite der Lagune war das Licht des weissen Leuchtturms von La Paloma zu sehen und rechter Hand die Brandung des Atlantik am feinsandigen, weissen Strand. Einzig zwei Fischer waren vor Ort und ein Mann mit Hund, der ebenfalls in seinem Kastenwagen übernachtete. Dieses friedliche Plätzchen hätten wir wohl ohne die App IOverlander nicht gefunden, eine praktische App, welche diverse Übernachtungsplätze bewertet, Einträge machen die Reisenden, welche mit Zelt oder Reisemobilen weltweit unterwegs sind. Natürlich muss das Bauchgefühl auch stimmen, aber es ist hilfreich ein, zwei Koordinaten zu kennen, bei welchen eine gute Übernachtung zu erwarten ist. Die App läuft auch ohne WLAN, nur via GPS. Wir genossen dieses spezielle Plätzchen, machten einen ausgedehnten Spaziergang der Lagune entlang, beobachteten unzählige Wasservögel und später den Sonnenuntergang am Meer.

 

Weiter im Osten werden die Badeorte eher zu Fischerdörfern. Heraus sticht der Naturpark Parque Nacional Santa Teresa. Ein riesiges Areal wo man campieren kann (miserable sanitäre Einrichtungen), ein Feuchtgebiet mit Vogelbeobachtungsständen, ein altes Fort aus der Zeit der Portugiesen sowie unglaublich schöne Strände, wegen der Brandung aber eher zum Surfen als zum Schwimmen geeignet. Nebst dem Strand hat uns die Vogelvielfalt begeistert, kleine und grössere, bunte und solche mit langen Schwanzfedern.... jeder Ornithologe würde hüpfen vor Freude, wir freuten uns jedoch umso mehr, als wir eine Familie Capivari (Wasserschweine) im Feuchtgebiet entdeckten. Und auch der Leguan, welcher uns beim Mittagessen Picknick beobachtete, gefiel uns. Apropos Picknick und Tiere; die Spatzen sind bunter als bei uns, aber genauso neugierig und die Hunde, naja, die holen sich Streicheleinheiten und wenn sie können auch etwas zu essen, sind aber, obwohl viele davon streunende sind, gut erzogen und nicht aggressiv.

 

Chuy an der brasilianischen Grenze kann man getrost umfahren, dafür lohnt ein Abstecher ins Landesinnere. Riesige Weideflächen, teilweise mit Sumpfgebieten dazwischen, wo die Kühe wie Wasserbüffel bis zum Bauch im Wasser stehen. Mit einer kleinen Fähre durften wir ins Dorf Puerto La Charqueada übersetzten (kostenlos) und dort auf dem Camping Municipal kostenfrei übernachten. Die sanitären Einrichtungen waren zwar einfach, aber massiv sauberer und gepflegter als in Santa Teresa. Überhaupt fällt uns auf, dass die Camping Municipal (Ortscamping) je kleiner der Ort umso gepflegter wirken. Die Einwohner verbringen dort den freien Tag, baden oder grillieren, aber abends bleiben nur noch wenige, übernachten in einfachen Wohnwagen oder im Zelt. Die Pflege dieser Orte übernimmt die Gemeinde. So verbrachten wir einen schönen Nachmittag im Schatten hoher Bäume und eine gute Nacht am Flussufer bevor uns die Strasse Richtung Treinta y Tres führte. Ganz in der Nähe dieses Ortes befindet sich die Quebrada de los Cuervos, eine Schlucht mit einem sehr eigenen Mikroklima in welchem 70% der Pflanzen endemisch sind und über 100 verschiedene Vögel, Säugetiere und Fische leben. Uns faszinierte wiederum der Flug der Geier, welche hier ihre Flugkünste zum Besten gaben. Die kurze Wanderung war einzig wegen der hohen Temperaturen anstrengend. Ich kam mit dem Parkwächter ins Gespräch und er erklärte mir, dass in der Gegend seit rund 20 Jahren ein klarer Anstieg der Temperaturen und gleichzeitig ein Anstieg der Häufigkeit und Intensität von Gewittern festzustellen sei. Viele endemische Pflanzen und Tiere haben damit ihre Mühe. Früher gab es klar definierte Jahreszeiten, doch die Unterschiede werden immer verwischter und eigentlich sei es für die Jahreszeit viel zu heiss.

 

Wir übernachteten auf einem kleinen Camping Municipal im Örtchen Salamanca abseits der Strasse R13. Ein wunderbarer Blick über ein fruchtbares Tal und quasi ein sauberes Privatbad mit heisser Dusche dazu, zum Nulltarif. Die Region um Aigua und Minas überzeugen durch eine abwechslungsreiche, hügelige und grüne Landschaft. Wenn man den Salto del Penitente ca. 25km nördlich von Minas besucht, ist es nicht der eher seichte Wasserfall (da ist die Töss wasserreicher) der fasziniert, sondern die schöne Anfahrt durch die Sierra de Minas.

 

Es ist Frühling, Vögel bauen Nester, man sieht Fohlen und Kälber, junge Schafe und blühende Bäume und Sträucher. Entlang der Strassen kann man manchmal einen Gaucho sehen, der ein paar Pferde zusammentreibt und auf eine andere Weide führt, manchmal stehen die Tiere aber auch mitten auf der Strasse. Je provinzialer die Gegend, umso grösser die Wahrscheinlichkeit, einen uralten Transportlastwagen zu sehen (was noch fährt, das fährt) oder gar mal einen Pferdewagen.