Buenos Aires

Die Überfahrt von Montevideo nach Buenos Aires mit der Fähre (Buquebus) dauerte keine 3 Stunden und auch die Rückfahrt bis Colonia del Sacramento und von dort per Bus zurück nach Montevideo alles in allem nur knapp 4 Stunden (SeacatColonia). Von Zentrum zu Zentrum eine ideale Verbindung und die Strecke vom Terminal Buenos Aires hoch zur Av. 9 de Julio ist auch abends sehr belebt, gut beleuchtet und sicher zu Fuss zu gehen. Das Hotel war gut gelegen, bot ein reichhaltiges Frühstücksbuffet und war im Package Preis inbegriffen, mehr dazu gibt es nicht zu sagen. Geld konnten wir schon auf der Fähre wechseln uns so konnten wir die Rufe der fliegenden Händler in der Innenstadt tunlichst ignorieren.

 

Sofort fiel uns auf um wieviel grösser, mondäner aber auch lauter und hektischer die Stadt war. Die Leute sind schneller unterwegs und haben weniger Zeit für Freundlichkeiten, was nicht heissen soll, dass sie nicht freundlich wären. Bilder finden sich hier.

 

Der erste Tag hat uns mit Regen überrascht, heftigster Regen. Somit suchten wir am Vormittag die Casa de Camping (Outdoor bzw. Jagt und Fischerei Geschäfte) der Innenstadt auf und ergatterten somit wenigstens 3 Gaskartuschen mit Drehverschluss (in Uruguay gibt es nur die mit Stechöffnung, welche mit unserem Kocher nicht identisch ist). Den Nachmittag schenkten wir (nachdem wir unsere nassen Jeans im Hotelzimmer etwas trockengeföhnt hatten) dem Teatro Colon. Das 1908 eröffnete Theater, ein Stilgemisch aus italienischer Renaissance und französischem Empire, zählt zu den bekanntesten Häusern der Welt. Es bietet fast 3000 Menschen Platz und hat offenbar eine der besten Akustik der Welt. Das Theater ist nach einer umfangreichen Renovation im Jahre 2010 wiedereröffnet worden und fasziniert durch die stilvollen Räume, edlen Materialen und opulenten Innenausbau. Es war auch eine Bühne für die Leute in einem Zeitalter vor Facebook: sehen und gesehen werden auf der edlen Treppe zum Obergeschoss. Interessanterweise ist der Haupteingang dem Park Plaza Lavalle zugewandt und nicht der mondänen Avenida 9 de Julio, zu welcher nur der Hintereingang für das Personal führt. Dies kommt daher, das die Avenida 9 de Julio erst viel später gebaut wurde, und stark an die Prachtstrasse (oder Stadtautobahn, je nach dem wie man es sieht) Champs Elysee in Paris erinnert, jedoch breiter ist.

 

Den zweiten Tag widmeten wir der Innenstadt und den klassischen Sehenswürdigkeiten: Spaziergang zum Obelisken, und weiter zum Kongresspalast, ein weisses, imponierendes Gebäude mit schöner Kuppel. Die Avenida de Mayo verbindet den Kongresspalast mit dem Casa Rosada, dem rosa angemalten Präsidentenpalast, welche die rosa Farbe dadurch bekommen hat, dass 1873 die Farben (rot und weiss) der verfeindeten politischen Lager vermischt wurden, um so die Einheit Argentiniens zu symbolisieren. Der Platz vor dem Casa Rosada war schon immer Zentrum der politischen Äusserung, auch während der dunkelsten Zeit Argentiniens, der Diktatur von 1976 - 1983. Die bekanntesten Kämpfer gegen den Terror waren die "Madres de la Plaza del Mayo", welche jeden Donnerstag vor der Casa Rosada mit weissen Kopftüchern demonstrierten und Auskunft über den Verbleib der Verschwundenen, oft deren Kinder und Enkel verlangten. Noch heute suchen Mütter und Grossmütter ihre zwangsadoptierten Kinder, welche oft nicht wissen, dass sie adoptiert wurden, aber noch leibliche Angehörige hätten. An ihren Mut erinnern heute die weissen Kopftuchsymbole rund um die Piramide de Mayo und der Schriftzug "Nie wieder!". Einen schönen Blick auf den Platz und die mondänen Gebäude darum herum bietet sich vom Balkon des Cabildo, einem weissgetünchten Gebäude (früherer Sitz des Rates von Buenos Aires), welches heute ein kostenloses, historisches Museum beherbergt und in einem Innenhof etwas Ruhe von der Hektik bietet.

Unser Spaziergang führte uns weiter durch die Innenstadt, hauptsächlich Fussgängerzone und Bereich für Taxis und Stadtbusse, und hinunter zum Puerto Madero, dem neuen schicken Viertel, welches sich wieder dem Wasser zuwendet, und die alten Docks des Hafens zu neuem Leben erweckt. Lofts und Glaspaläste, eine moderne Skyline aber viel Grünfläche, Spazierwege und Ruhe unter violett blühenden Jacarandia Bäumen. Am Abend feierten wir dann auch unseren Jahrestag in einem guten Restaurant am Hafen: Fleisch vom Feinsten, dazu eine gute Flasche Rotwein, einen leckeren Dessert mit Dulce de Leche und das in einem ansprechenden Ambiente zu einem fairen Preis: Villegas.

 

Am dritten Tag besuchen wir eine Sehenswürdigkeit der anderen, etwas morbiden Art. Nachdem wir durch den Park Plaza Lib.Gal. San Martin mit seinen uralten und beeindruckenden Ombu Bäumen (ein immergrüner Baum der eine Höhe von 25 Metern erreicht und wie bei tropischen Bäumen üblich ohne Jahresringe wächst, in Englisch auch "Elefantenbaum" genannt) und das edle Quartier Retiro spaziert waren, gab es einen Kaffee im noblen Stadtteil Recoleta und einen Besuch des Museumsgarten der schönen Künste. Dort ist moderne Kunst zu bewundern, eine metallene Seerose, welche sich mit dem Sonnenstand öffnet und schliesst. Doch nun zu der morbiden Sehenswürdigkeit: so edel die Leute in Recoleta leben, so edel verweilen sie auch im Tode. Der Friedhof hat internationales Renommee, ganze Busse halten in der Hauptsaison und es gibt Führungen durch die Gräberanlagen, und das nicht nur weil unter anderem die gute Evita dort begraben liegt. Der Fokus liegt auf den edlen Mausoleen, welche gemeinsam eine kleine Stadt bilden, eine Totenstadt könnte man sagen und bei Sonnenschein betrachtet ist das ganze wirklich sehr eindrücklich und schön. Marmorsäulen, Statuen, Parkbänke, kunstvolle Verzierungen und immer wieder der Blick auf die Särge, welche da in diesen monumentalen Mausoleen in verzierten Nischen liegen. Teilweise sind die Mausoleen ganze Familiengruften, oben mit Altar und Treppen ins Untergeschoss, wo die Särge liegen. Die älteren Gebäude haben Fenster in die Gruften, die neueren moderne Entlüftungsvorrichtungen. Erstaunlicherweise riecht aber nichts unangenehm, aber plötzlich versteht man woher sich die Autoren ihre Ideen mit den Untoten die den Tag meiden holen. Erst verhalten, dann mit etwas mehr Neugier betrachtet man diese Bauwerke und denkt sich: "wie war das nochmal mit `Geld könne man nicht mit ins Grab nehmen`...?!" Neben verfallenen Mausoleen, stehen auch ganz neue und jede Strasse gibt wieder neue Einblicke. Wie gesagt, eine morbide, aber definitiv sehenswerte Sehenswürdigkeit.   

 

Buenos Aires ist eine lebendige und kosmopolitische Weltstadt, einem Paris definitiv ebenbürtig.