Tagesablauf

Am 4. Tag überschritten wir den Tjäkjapass (1150 MüM) und während man in die nördliche Richtung in ein spärlich bewachsenes Hochtal blickt, fällt einem im Süden sofort das grüne, fruchtbare Tal ins Auge. Der Kungsleden verläuft nach dem Abstieg ins U-Tal entlang eines frei mäandernden Flusses, dem man ab nun für die nächsten rund 30 Kilometer mehr oder weniger folgt. Leider stimmt die Beschreibung aus dem Reiseführer nicht so ganz mit der Realität überein, denn anstelle «leichtfüssig über Weideland» zu gehen, kämpft man sich noch immer entlang eines ausgeschwemmten Trampelpfades mit unförmigen Steinen, auf denen man selten mal einen ganzen Fuss abstellen kann. Und wenn man den Fuss abstellen kann, landet er garantiert in der durchnässten Erde… Anstrengende Sache. Markus erfand dafür sogar ein kleines Liedchen namens "Bollenstein, oh Bollenstein".

Gegen Ende des Tages gingen wir dann durch die Sälka Hüttenanlage, welche recht modernisiert wirkte, anscheinend sogar mit einer kleinen Sauna. Wir jedoch haben etwas weiter südlich Camp bezogen, auf einem kleinen Hügelvorsprung unterhalb eines Gletschers. Inzwischen hat sich schon fast sowas wie ein Tagesablauf eingespielt, aber ich erkenne auch einen Tagesverlauf in meiner körperlichen Form. Heute sind wir rund 20km weit gekommen und das bei rund 9 Stunden reiner Wanderzeit (ohne Pausen). Der Tag hat bei schönstem Sonnenschein begonnen und das gibt gleich einen Sondermotivationsschub. Die ersten 2 Stunden sind in der Regel immer die besten, ich komme gut voran und es tut mir noch nichts weh. Zum Frühstück gibt es Porridge (meine vorab vorbereiteten Portionen mit 1.5dl heissem Wasser aufgiessen) und manchmal ein Stück Schokolade oder eine heisse Schokolade (25g Milchpulver und ein Caotina gemischt mit 2.5dl warmem Wasser) dazu. Als Znüni gibt es dann einen Riegel (Balisto oder Snickers oder einen Früchteriegel) und zum Mittagessen (nach rund 3-4 Stunden Wanderung) je nach Möglichkeit ein Davida Päckli, einen Landjäger oder anderes Trockenfleisch und eine Handvoll Nüsse und Trockenobst. Am Nachmittag, also nach 3-4 Stunden wird es in der Regel anstrengend für mich, kräftezehrend. Irgendein Teil des Rückens tut meist weh, die Hüften inzwischen jedoch weniger. Ich fühle mich auch energielos und so bekomme ich von Markus meist einen Traubenzucker oder Zuckerbonbon zugesteckt. Je länger der Tag dauert umso langsamer werde ich, auch wenn ich zum Zvieri noch ein paar Salznüsse essen kann. Ich schwitze ziemlich und versuche dies mit Salz und viel Wasser auszugleichen, welches man hier aus allen Flüssen trinken kann (man kann es sicherheitshalber natürlich auf filtern). Ich habe meine Trinkflasche, aber in der Thermosflasche ist auch warmes Wasser, welches ich gerne trinke, wenn es in der Mittagspause kühl ist. Ein Suppenbeutel wäre sicher auch eine gute Idee, oder eine heisse Limonade (Blaubeer-Fruchtsuppe), welche hier gerne getrunken wird. Meist bin ich nach dem Wandertag total erschöpft, wir stellen das Zelt auf, holen Wasser, richten uns ein, machen heiss Wasser für das Trockennahrungsdinner (ca. 600kal / Lieblingsgericht: Trek'n Eat Gartengemüse-Sojarisotto, Trek'n Eat Ungarntopf mit Rindfleisch und Nudeln sowie Adventure Food Pasta Bolognese), essen, nehmen noch einen Tee, machen Katzenwäsche und schlüpfen in den Schlafsack. Gelesen habe ich noch kaum eine Seite in meinem extra kleinen Reclam Büchlein. Erholung geht irgendwie anders und dennoch tut es gut: wir schlafen lange, tief und geniessen das Gefühl sich tagsüber nur durch die eigene Kraft fortbewegt zu haben.