Ankunft in Kvikkjokk

Halb verträumt mit dem Duft von frischem Nescafe in der Nase drehe ich mich im Schlafsack, Markus schlürft an seinem Kaffee und fragt, ob ich Tee möchte. Gerne, meine Antwort, und so setzte ich mich auf, einfach um mit dem Gesicht voll in unser beiden feuchten Stinkesocken zu landen, die am Zelthimmel baumelten. Ich meinerseits taumle zurück für 5 Minuten Narkoseschlaf. Camping könnte so romantisch sein, doch nun bin ich schlagartig wieder in der Realität angekommen...

Der Weg ist das Ziel, heisst es. Der Weg ist nass, ausgeschwemmt, manchmal ähnelt er einem Bachbett und manchmal kann man von Bollenstein zu Bollenstein balancieren; Wurzeln, durchgebrochene Planken, Sumpf, Schlamm und Pfützen. Hmpf! Wo bleibt denn das schöne Herbstwetter? Es scheint, als möchte uns die Sonne immer mal wieder necken, uns zeigen, wie herrlich schön die Landschaft sein könnte... und der Reiseführer doppelt nach: wenn da steht "leichtfüssig geht es über trockene Waldböden, vorbei an lieblichen Seen..." und man sich durch den Matsch kämpft, mit einem beissenden Wind im Gesicht, der über den aufgepeitschten See weht, dann fragt man sich doch, ob man da am selben Ort ist. Und ja, ist man, man spürt einfach viel mehr wie unbedeutend man ist, wenn man den Elementen ausgeliefert ist. Man hadert mehr mit sich selbst, und nimmt so leider auch weniger die Umgebung war. Aber man ist umso dankbarer, wenn sich die Sonne zeigt, man auf einer Hochebene steht und den Blick in die schiere Unendlichkeit schweifen lassen und die klare, frische Luft einatmen kann.

Am Abend stellten wir das Zelt an einer wunderbaren Waldlichtung auf, ideales Plätzchen für einen Elch. Der jedoch scheint in Urlaub zu sein, dafür zeigen sich ein Paar Rentiere und die Sonne verwöhnt mit einem schönen Sonnenuntergang. Und, oh Wunder, die Mücken sind erstaunlich wenig, dafür ist es kalt genug, dass wir den Atem vor unseren Gesichtern sehen.

Wir studieren den nächsten Streckenabschnitt auf unserer Karte. Obwohl Kartenmaterial auf diesem sehr gut markierten Weg nicht notwendig wäre, geben Karten und Reiseführer eine gute Vorstellung davon, was am nächsten Tag vor uns liegt: in diesem Fall das Etappenziel Kvikkjokk. Meine Füsse mal wieder nass, freue ich mich darauf, dass ich meine Schuhe dort trocknen kann, doch als Markus erstmals vorschlägt doch von dort nach Hause zu fahren, fand ich die Idee nicht so prickelnd und schlug vor, doch erst einmal den Wetterbericht für die kommenden Tage anzuschauen, der dort bestimmt ausgehängt sei, und einen Tag Rast einzulegen, bevor wir eine Entscheidung fällten. Markus fragte auch wie es meinen Knien ginge, und ich sagte gut, denn das Höhenprofil war nicht sehr anspruchsvoll und ich hatte täglich meine Bandagen getragen. Auch hatte ich viel weniger Rücken- oder Hüftschmerzen als am Anfang, dass mir allerdings die Muskeln/Sehen im unteren Innenfuss (Bereich Sprungbein) schmerzten, erwähnte ich zu dem Zeitpunkt nicht. Ich will nicht aufgeben, nicht bevor wir den Polarkreis überschritten haben, und ausserdem hoffte ich auf schönes Herbstwetter und mehr Zeit in der Wildnis Schwedens, welche trotz allen Wetterkapriolen fasziniert.